Kabarett Helges Chaos bei „Ordnung“-Tour
Düsseldorf · Seit Jahrzehnten schert sich Helge Schneider nicht um den Zeitgeist, und ist gerade deswegen zeitlos.
Wortlos ging er am Donnerstag auf die Bühne der Tonhalle und fängt an, auf dem Saxophon ein Jazz-Solo zu spielen. Bei seinem ernsten und konzentrierten Blick würde man kaum den dadaistischen Chaoten vermuten, den Helge Schneider seit Jahrzehnten erfolgreich mimt. Doch plötzlich steht er auf und fängt an, herum hampelnd zu tanzen und in seinem bekannten schlechten Englisch „Dance to the Music“ zu singen. Währenddessen springt er von Instrument zu Instrument auf der vollgestellten Bühne, bespielt fünf Instrumente parallel und schlägt noch einen Ton auf dem Xylophon.
Passagen wie diese durchziehen das neue Programm „Ordnung muss sein!“ des nicht alt werdenden Tausendsassas, der auch 2019 wieder auf 70 Bühnenauftritte kommt. Der Name ist – natürlich – irreführend. Denn der Humor zieht sich aus dem Chaos und dem konsequenten Brechen aller Erwartung. Die größten Lacher erntet er im Publikum dann, wenn andere Komiker die Pointe schon drei Absätze vorher abgeliefert hätten. Seine Ein-Mann-Sketche, die zwischen banal und absurd hin- und herpendeln, dauern deshalb gerne mal bis zu fünf Minuten. Wenn er von der Wundertüte voll Reis erzählt, findet er immer neue Assoziationen, um die ohnehin schon absurde Geschichte noch zu verlängern. Mit diesem Programm ist Helge Schneider seit Jahrzehnten erfolgreich. Sein Stil hat sich in gewisser Weise nicht weiterentwickelt. Er wird nicht politischer oder zynischer, nur weil es dem Zeitgeist entspricht. Doch genau das macht ihn zeitlos und einzigartig.
Das bedeutet jedoch nicht, dass er in seinem Karriereherbst auf einer Nostalgiewelle reiten würde. Stattdessen weigert er sich selbstbewusst, das komplette Repertoire an Kult-Liedern herunterzuspielen. Das Publikum hat sich mittlerweile daran gewöhnt. Nostalgischen Jubel, als er dann doch „Katzeklo“ aufführt, gibt es nicht. Erst als er auch hier wieder mit den Erwartungen bricht, bricht der Applaus aus.
Irgendwann ist sogar der Erwartungsbruch erwartbar
Doch selbst das ununterbrochene Chaos kann irgendwann ermüden. Helge erschlägt das Publikum mit seinem minutenlangen Quatsch und hat sichtlich Freude dabei. Nach rund 90 Minuten flattert sein langjähriger Kollege Sergej Gleithmann auf einmal als „Meisenmann“, der sich mit den Würmern anfreundet und deswegen seine Familie nicht mehr ernähren kann, auf die Bühne. Das ist nach der Abstumpfung aber nicht so schockierend, wie es eigentlich sein sollte. Vielleicht hätten die Witze noch besser gewirkt, wenn nicht jedes Stück ironisch gebrochen worden wäre und die Zuschauer vorher nie wüssten, ob sie es mit dem Jazzgenie oder mit dem Dadaisten Helge zu tun hätten.
Der Improvisationskünstler selber macht sich auf der Bühne wahrscheinlich gar nicht so viele Gedanken darüber, sondern lässt sich vom Abend treiben. Die Zuschauer, die ja auch für genau diesen Quatsch kamen, bekamen also genau das, was sie wollten.