Hamlet Hamlet, gesungen und gespielt

Düsseldorf · Interview  Gitarrist Philipp Makolies und Schauspieler und Sänger Christian Friedel über Shakespeare und Musik.

Die Band „Woods of Birnam“ in Hamlet am Düsseldorfer Schauspielhaus.

Foto: Matthias Horn

„I’ll call thee Hamlet“ – wenn Christian Friedel in diesem Song des Prinzen von Dänemark seine reine, helle und jungenhafte Stimme emporschwingt, lassen sich nicht nur Theaterbesucher von dem lyrischen Popsong begeistern, sondern auch Teenies. Er sitzt am Klavier, neben ihm seine Band: der Gitarrist Philipp Makolies, ein Bassist, ein Keyboarder und ein Drummer. „Woods of Birnam“ heißt die Band, die mit Friedel bereits im Oktober 2018 ihr drittes Album, „Grace“, herausgab. Der gebürtige Magdeburger hat trotz seiner knapp 40 Jahre immer noch Baby-Face und Knabenstimme bewahrt. Und ist nicht nur gefragter Theater- und TV-Schauspieler  (derzeit in Berlin für Dreharbeiten zur dritten Staffel der ARD-Serie „Babylon Berlin“), sondern auch ziemlich begnadeter Sänger. In beiden Genres ein Ausnahmetalent.

„Woods of Birnam“. Der Band-Name ist Programm. Der Wald, der in Shakespeares „Macbeth“ eine wesentliche Rolle spielt, verrät viel von dem Dichter, dem sich die Dresdener Popgruppe verschrieben hat. Die vier ‚Jungs’ (alle Mitte 30), die früher als „Polarkreis 18“ Pop mit elektronischer Musik verbanden, spielen seit 2011 an der Seite von Christian Friedel. Zusammen mit dem renommierten Schauspieler, der es vor knapp zehn Jahren durch Michael Hanekes Kinofilm „Das weiße Band“ - zigfach preisgekrönt, plus zwei Oscar-Nominierungen - zu internationaler Berühmtheit gebracht hat. 2012 erlebten sie den Durchbruch mit „Hamlet“, den Friedel, begleitet von „Woods of Birnam“ singt und spielt.

Genau diese Inszenierung von Roger Vontobel, die in Dresden mit 109 ausverkauften Vorstellungen, auch unter Jugendlichen, Kultstatus erreicht hat, feiert am 16. Februar Düsseldorf-Premiere auf der großen Bühne am Gustaf-Gründgens-Platz. Anlass für unsere Zeitung, über Shakespeare und Musik zu sprechen, mit Gitarrist Philipp Makolies  und Multitalent Christian Friedel.

Herr Makolies, wie kommen Sie zur Gitarre?

Ich hatte großes Glück. Meine Tante war Gitarrenlehrerin. Bei ihr hatte ich als Schüler vier Jahre Unterricht. Den Rest habe ich mir selber beigebracht. Nach der Schule habe ich zunächst eine Steinbildhauer-Ausbildung gemacht. Dann bin ich in einigen Bands aufgetreten, zunächst nebenberuflich, auch noch in dem Vorläufer der heutigen Band. Damals nannten wir uns „Polarkreis 18“.

Komponieren Sie auch?

Makolies: Ja, mit Christian zusammen. Wir schließen uns in ein Studio ein, bis wir fertig sind.

Und die Texte?

Friedel: Die sind in Englisch. Wenn es nicht Shakespeare-Sonette sind, dann schreibe ich sie zusammen mit einem englischen Muttersprachler.

Wie viele Auftritte haben Sie pro Jahr?

Makolies: Etwa 100, ich spiele aber auch in anderen Formationen. Wir sind ein Künstlerkollektiv mit zahlreichen Projekten, auch in anderen Genres, wie Jazz und Improvisation. Im Oktober z.B. waren wir auf Deutschland-Tour, haben kürzlich im Zakk vor 500 Besuchern gespielt.

Lässt sich Shakespeare gut vertonen?

Friedel: Ja, bei den Sonetten oder Dramentexten kann man breiter komponieren als bei reinem Pop. Die Sprache ist von Hause aus musikalisch und gibt teilweise schon Rhythmen vor, dennoch ist der Prozess ein offener.

In diesem ‚Hamlet’ gibt’s fünf Songs für die Band und einen für Ophelia. Ist es eine Rockoper daraus geworden?

Friedel (schmunzelnd): Das meinen manche. Ich denke: Es ist eher Schauspiel mit Musik. Aber wir bieten keine atmosphärische Untermalung, sondern gehören zur Handlung. Z.B. gibt Hamlet ein Trauerkonzert für seinen getöteten Vater.

Braucht Hamlet denn Musik?

Friedel: Ja, es ist eine Erweiterung seines Ausdrucks. Der Titelsong „I’ll call thee Hamlet“, der am Abend komplett gespielt wird, schärft schon zu Beginn die Emotionen. Und der großartige Shakespeare-Text wird von seiner Schwere befreit. Die Musik ist ein Schlüssel für junge Zuschauer. Sie hören zu und viele finden so einen neuen Zugang zu dem Stoff.

Warum wählen Sie die romantisierende Schlegel-Tieck-Übersetzung, die heute anstrengend wirken kann?

Wir wollten keine moderne Übersetzung, sondern die sprachliche Fülle und die epische Breite zeigen und zelebrieren. Es bleibt aber eine große Herausforderung, so zu sprechen, dass jeder den Text sofort versteht.

Wie sind Sie auf die Band „Polarkreis 18“ gestoßen?

Friedel: Als mein Auto 2010 gestohlen wurde, war eine rare CD von Polarkreis 18 darin. Ich habe die Band einfach angeschrieben und sie haben mich eingeladen, die CD persönlich abzuholen. So haben wir uns kennengelernt und angefreundet, später für Shakespeare zusammengearbeitet. Heute sind wir ziemlich beste Freunde.

Info: Auftritt beim Open Source Festival, 13. Juli