Tanzhaus NRW Von männlichem Breakdance zur weiblichen Boxkunst

Düsseldorf · „Or Die Trying“ von Alida Dors ist im Tanzhaus zu sehen.

„Or Die Trying“ von Alida Dors ist im Tanzhaus zu sehen.

Foto: Sjoerd Derine

Drei Boxerinnen – zumindest dem Outfit nach sogleich erkennbar –, es sind übrigens Thaiboxerinnen, stehen am Rande eines Raumes, der anmutet wie ein großer Übungsraum für Kampfkunst, versehen mit Boxsäcken, Bänken für die Pause in dramatisches Licht getaucht. Sie beäugen skeptisch, was im mittleren Raume passiert. Dort finden sich drei junge Männer, – es sind Breakdancer – die mehr und mehr versuchen werden, durch ihren Tanz, ihre Mimik und Gestik ihre Bewegung, ihre Männlichkeit zu demonstrieren. Zu zeigen, was für starke coole Jungs sie sind. Beobachtet von einem auf Videos gezeigten weise und abgeklärt wirkenden alten Boxer, der fokussiert trainiert.

Das ist die Ausgangslage für Alida Dors – produziert von Back-Bone – choreografisch-performative Arbeit „Or Die Trying“, die in der jungen Sparte als deutsche Erstaufführung in der Reihe Melancholie und Muskeln des Tanzhauses zu erleben ist. Eine beeindruckende Performance, bei der die drei Frauen mehr und mehr beginnen, sich auf ihre so fokussierte Kunst vorzubereiten, als Gegenpol zu den exaltierten Männlichkeitsritualen der drei Männer.

In der mit viel Effekt, auch musikalisch, arbeitenden Arbeit reflektiert Alida Dors – die übrigens neue künstlerische Leiterin des Theaters Rotterdam wird – auch über ihren Vater, der eine Boxschule eröffnete. Als Einwanderer in den Niederlanden – sind es Aufnahmen von ihm, die hinter der Szenerie filmisch zu sehen sind?

Die 65 Minuten dauernde Performance wirkt – möchte man hermeneutisch werden – wie ein groß angelegter Initiationsritus zu einer fast wie eine Religion anmutenden Gemeinschaft, die auf die mentale Reinheit und Kraft von Boxen basiert. Darf man Boxen so stilisieren? Darüber könnte man streiten. Doch die Grundrichtung ist hier schlüssig. Die vor Kraft strotzenden Männer, die immer wieder an ihrer Kraft scheitern, werden Schritt um Schritt von den drei Boxerinnen „gezähmt“, zunächst bilden sie mit ihren Übungen einen dialektischen Gegenpol, schließlich initiieren sie eine Art Verwandlung, eine Abkehr von dem unreflektierten Affekt der Männer zu einer kontrollierten und ausgeglichenen Energie der Boxkunst. Tanz-künstlerisch absolut sehenswert.

Nochmals zu sehen am Samstag 18 Uhr gefolgt von „moment(urb)an“ von Nutrospektif ab 19.30 Uhr. Alle Infos unter: