Wilfried Schulz: „Meine Aufgabe ist es, Lust zu machen“
Für Wilfried Schulz beginnt die Arbeit als neuer Intendant. Erstes Ziel: Gegen die Theaterdepression angehen.
Düsseldorf. Fünf Flüge am Tag, in jede Richtung — für Wilfried Schulz ist die gute Verbindung zwischen Düsseldorf und Dresden ein Segen. Spätestens ab Januar will er einmal in der Woche am Gründgens-Platz sein, seine Arbeit geht für ihn jetzt los und nicht erst mit der Spielzeit 2016/2017, dem offiziellen Beginn seines Vertrages als neuer Generalintendant am Schauspielhaus. So lange leitet er zudem in Dresden das Staatsschauspiel. Eine Herausforderung, die dem 62-Jährigen Spaß macht, wir er sagt.
Herr Schulz, die schlechten Nachrichten um das Schauspielhaus reißen nicht ab. Schon wieder stehen Sanierung und Schließung an. Warum kommen Sie trotzdem?
Schulz: Als Erstes muss ich mal diese Depression wegreden. Ich höre von allen Seiten nur: „Wissen Sie eigentlich, was Sie sich da antun?“ — egal ob von Politikern, Journalisten oder Theatermitarbeitern. Dabei denke ich: Kinder macht mir doch Lust. Aber das ist jetzt wohl meine Aufgabe, Lust zu machen.
Wie schätzen Sie die neue Situation ein?
Schulz: Ich denke, dass die Arbeiten am Haus in den Griff zu bekommen sind. In Dresden hat man um 1900 das Große Haus in einem Jahr gebaut, da wird man in Düsseldorf 2016 doch wohl in einem halben Jahr sanieren können. Mich bedroht eher, dass vor der Haustür 300 Millionen Euro verbaut werden sollen. Da spannen sich meine Nerven an. Es wäre Quatsch, das Haus baulich zum Verschwinden zu bringen. Im besten Fall kann man sich mit den Investoren verbünden. Das Theater muss baulich und inhaltlich eine große Sichtbarkeit in der Stadt haben.
Und das erreichen Sie wie?
Schulz: Es gibt nicht die eine Inszenierung, die alle ins Theater bringt. Aber es gibt auch kein Gesetz, dass das Theater nur in Hamburg, Dresden und München laufen soll und das Schauspiel hier nicht. Ich lasse mir nicht einreden, dass der Düsseldorfer da ein europäischer Sondermensch ist.
Günther Beelitz hat in seiner Interimszeit gerade ein neues Ensemble aufgebaut. Werden Sie neue Leute mitbringen?
Schulz: Beelitz und ich werden jetzt auch über personelle Konstruktionen und Spielpläne sprechen. Das haben wir vereinbart. Ich bin kein inszenierender Intendant und bringe sicher kein komplett neues Ensemble mit.
Sondern?
Schulz: Meine Art ist es, Dinge anzugucken und mit Leuten zu reden. Ich will Kontinuität und neue Akzente setzen. Bis zum Frühjahr werde ich Gespräche führen. Beelitz hat viele Begleiter seines Weges auch als Gäste engagiert, die mit einem neuen künstlerischen Profil zu tun haben. Auch von mir sehr geschätzte Kollegen. Aber natürlich wird es eine Veränderung geben.
Hat Beelitz Ihnen zugeredet oder eher abgeraten, in Düsseldorf Intendant zu werden?
Schulz: Er hat mir sehr zugeredet. Ihn verbindet eine große Liebe zu dem Haus und er hat gesagt, da kann man was draus machen.
Ihr Theater in Dresden läuft gut, dort sind alle traurig, dass Sie gehen. Und trotzdem wollen Sie wechseln.
Schulz: Ja, wir haben die Stadt gewonnen in den vergangenen fünfeinhalb Jahren. Alle wichtigen Themen werden bei uns verhandelt, das ist gelungen. Und im Flugzeug aus Düsseldorf zurück haben mir drei Menschen gesagt, wie schade sie es finden, dass ich gehe. Aber wissen Sie, ich bin ein unruhiger Mensch und eine solche Herausforderung hält mich im Kopf lebendig. Alles andere ist wie eine Warmbadeanstalt, man legt sich rein und fühlt sich wohl. Wir haben in Dresden vieles erreicht, und ich möchte jeglicher Gefahr von Routine und Bequemlichkeit zuvorkommen.
Und was ist ihr Ziel für Düsseldorf?
Schulz: Ich kann Stadttheater ganz gut und es ist der Versuch, das Haus in der Mitte der Stadt zu etablieren, es noch einmal neu zu erfinden. Das macht mir großen Spaß und ist wie ein gemeinsames Spiel mit einem neuen Partner, den man noch nicht kennt.