Labrador Gandhi: Der Therapeut auf vier Pfoten
Labrador Gandhi wird in der Therapie im Krankenhaus Elbroich eingesetzt.
Düsseldorf. Fingerfertigkeit ist eigentlich gefragt — doch Labrador Gandhi ist auch mit seinem Maul sehr geschickt und schiebt die Kugeln der Motorikschleife durch die ganze Strecke. Kurt Dante (78) sitzt dem Hund gegenüber und ist genauso eifrig dabei, seine Kugeln ins Ziel zu schieben. Am Ende hat der Senior gewonnen und freut sich. „Noch bin ich schneller als Gandhi“, sagt er lächelnd und streichelt dem geduldigen Tier über den Kopf.
Der siebenjährige Gandhi ist ein ausgebildeter Therapie- und Behindertenbegleithund und als einziger Vierbeiner in Düsseldorf in einem Krankenhaus im Einsatz. Als Therapeut auf vier Pfoten hilft Gandhi den Patienten in der Klinik Elbroich. In dem altersmedizinischen Zentrum werden psychiatrische und akut-geriatrische Erkrankungen mit dem Ziel behandelt, die Lebensqualität im Alter zu verbessern.
Ilona Bode ist Gandhis Herrchen. Sie arbeitet als MTA im Augusta-Krankenhaus und kam durch einen Zufall auf die Idee, ihren Hund für Therapiezwecke ausbilden zu lassen. „Ich hatte eine kranke Kollegin zusammen mit meinem Hund besucht. Es ging ihr sehr schlecht. Der Hund schaffte es an jenem Tag, sie von den Schmerzen abzulenken.“ Anderthalb Jahre dauerte die Ausbildung, seither hat das phantastische Gespann schon vielen kranken Menschen geholfen.
Dem Einsatz des Hundes in der Klinik stehen die meisten in der Belegschaft des Krankenhauses zunächst skeptisch gegenüber. Sprachheilpädagogin Andrea Kudoweh, die selbst in Elbroich arbeitet, befürwortet allerdings von Beginn an Gandhis Einsatz: „Eine Therapie mit Hund kann den Patienten zurück in den Alltag helfen. Gandhi weckt positive Emotionen, das haben wir hier ganz oft schon erleben dürfen.“
Nach drei Monaten Probezeit wird Gandhi dauerhaft engagiert in Elbroich. Statt weißem Kittel arbeitet der braune Labrador in seinem Geschirr, einer orange-blauen Kenndecke, die ihn als Therapiehund ausweist. Einmal pro Woche hat Ilona Bode mit Gandhi nun eine Therapiegruppe mit sechs bis acht Patienten. Darüberhinaus hat der Hund auch „Einzelsprechstunden“.
So bekommt ein betagter, bettlägeriger Patient, der depressiv und meist kaum ansprechbar ist, immer wieder Besuch von Gandhi. „Der Hund liegt dann auf einem Stuhl und mit den Vorderpfoten im Bett des Mannes. Wenn Gandhi bei ihm ist, wird er wach und sein Gemüt hellt sich auf“, berichtet Bode.
Für sie ist die Arbeit mit dem Hund eine Herzensangelegenheit: „Der Bedarf ist groß und es ist sehr viel Arbeit. Ich muss mir die Krankengeschichte jedes Patienten genau anschauen.“ Über den Hund bekommt der Patient dann eine Aufgabe. Zum Beispiel müssen Karabinerhaken am Geschirr des Hundes befestigt werden oder Fellpflege steht auf dem Programm. Die Erledigung solcher Aufgaben fördert die Mobilität, sorgt für Gangsicherheit, stärkt die Motorik oder ist einfach gut fürs Gemüt. „Wenn ich sehe, wie freudig die Kranken bei der Sache sind und sich später der Erfolg einstellt, dann bin ich glücklich.“
Gandhi ist geduldig, ausgeglichen und zeigt keinerlei Abwehrreaktion, auch wenn die Patienten schon mal etwas wüst im Umgang mit ihm sind. „Es ist eine reine Vertrauenssache. Gandhi wird nie aggressiv, auch wenn er mal ganz heftig angegangen wird. Er zieht sich dann nur zurück.“ Nach Dienstschluss ist Gandhi allerdings ein ganz normaler Hund. Und dann sträuben sich auch schon mal seine Rückenhaare — jedoch nur, wenn ihm ein unfreundlicher Artgenosse im Weg steht.