Lieder des rebellischen Träumers
Konstantin Wecker tritt bei Geburtstags-Tournee in der Tonhalle auf.
Der bayerische Liedermacher und Tastenlöwe Konstantin Wecker wirkt auch mit 70 Jahren noch wie ein juveniler Idealist. Von Altersmilde gibt es keine Spur. Doch mischt sich Selbstironie in sein Pathos, was zur gelegentlichen Auflockerung beiträgt. „Was hab ich nicht alles getan, um die 70 nicht zu erreichen“, sagt der Sänger, der vorübergehend drogensüchtig war, mit einem Lächeln. Im Rahmen der Jubiläums-Tour anlässlich seines runden Geburtstages macht Wecker nun also auch Station in Düsseldorf.
In der Tonhalle gestaltete er sein aktuelles Programm „Poesie und Widerstand“. Es sind die alten Lieder und Themen, die der lyrische Linksintellektuelle unterbreitet. Aber in heutigen Zeiten wirken sie nicht gestrig, sondern im manchmal bestürzenden Maße aktuell. Bezug nehmend auf weltweite Aufrüstung und Herstellung von Feindbildern sagt der Liedersänger: „Zweimal kam der große Krieg, und sie sind zum dritten Mal nicht aufgewacht“.
Wecker ist ein rebellischer Träumer geblieben, der für das Gute kämpft. Er wirkt dabei aber nie verbissen, sondern lebensbejahend. In die Tasten seines schwarzen Flügels der edeln Traditionsmarke Bösendorfer greift er so kraftvoll wie ein vitaler Jungspund, und auch wenn seine Stimme etwas in die Jahre gekommen ist, besitzt sie noch immer ihr warmes Timbre und Melos.
Wecker hat seine Band mitgebracht, vier ausgezeichnete Musiker, die er einzeln und ausführlich vorstellt und zu jedem eine kleine persönliche Geschichte erzählt. Das passt zu Wecker, der es auf dem Podium gerne menscheln lässt, ohne allerdings des Guten zu viel zu tun.
Mit Pathos habe er kein Problem, sagt er. Pathos sei Leidenschaft. Und daher liebe er auch die Oper, vor allem die romantische Italienische von Verdi und Puccini. „Ich bin Puccinist“, bekennt er.
Zu einer leisen Instrumentalversion der berühmten Puccini-Arie „Nessun dorma“ rezitiert er melodramatisch eine Danksagung an seinen Vater Alexander Wecker, der Maler, der privat auch leidenschaftlicher Tenorsänger war. Wecker erzählt von der Regime-Gegnerschaft seines Vaters während des Nationalsozialismus’, den die für die Zeit untypische Familie glimpflich überstand. Wecker spielte sogar eine private Tonaufnahme vor, wo er zusammen mit seinem Vater aus Verdis „La Traviata“ singt - der kleine Konstantin mit Knabensopran als Titelheldin Violetta.
Wecker gelingt es, sein Publikum zu fesseln, und zwar über einen erheblichen Zeitraum hinweg. Mehr als drei Stunden dauert sein Auftritt. Wecker hat was zu erzählen über Dinge, die das fundamentale Menschsein betreffen. Seine Welt sei die des Zaubers, der Poesie und Spiritualität und nicht die des Funktionalismus’. Aber der Sänger zeigt auch Stacheln. An den Anfang setzt er das Lied „Sage nein!“ Er habe das eigentlich heute gar nicht singen wollen, sagt Wecker. „Aber nach dieser Bundestagswahl musste es einfach sein.“ Viel Beifallsjubel in der gut besuchten Tonhalle.