1. FC Nürnberg Burgstaller — die doppelte Lebensversicherung des FCN
Der Angreifer trifft und trifft, könnte aber verkauft werden. Denn der „Club“ braucht dringend Geld.
Acht Tore hat der FC St. Pauli in dieser Saison bislang erzielt. Dem 1. FC Kaiserslautern gelangen zehn und der Karlsruher SC war elf Mal erfolgreich. Damit haben aktuell gleich drei Zweitligisten weniger Tore auf ihrem Konto als Guido Burgstaller alleine. Dem Angreifer des 1. FC Nürnberg gelangen in dieser Spielzeit nämlich bisher schon zwölf Treffer. Damit ist Burgstaller die Lebensversicherung des „Club“. Ohne die Tore des 27-Jährigen würde am Valznerweiher das Abstiegsgespenst umhergehen. „Ich versuche, mich durch viel Laufarbeit ständig in gute Abschlusspositionen zu bringen. Vor dem Tor bin ich dann recht selbstbewusst“, erklärt Burgstaller seine Quote.
So wie auch am vergangenen Wochenende gegen den SV Sandhausen. Dumm nur, dass dieser Treffer lediglich für die persönliche Statistik gut war. Mit dem zweiten 1:3 binnen sechs Tagen blieb der FCN im Niemandsland der Tabelle stecken. „So reicht es einfach nicht für mehr. Um den Blick nach ganz oben wagen zu können, wartet noch jede Menge Arbeit auf uns“, sagte Burgstaller. Und der mit drei Toren und sieben Vorlagen auch schon an zehn Saison-Treffern beteiligte Kevin Möhwald meinte: „Wir müssen jetzt endlich das Gleichgewicht in unser Spiel bekommen.“
Denn so schön das Gesicht des 1. FC Nürnberg mit dem drittbesten Angriff der Liga ist, so hässlich erscheint gleichzeitig die Fratze mit der zweitschlechtesten Abwehr. Vorne Dr. Jekyll, hinten Mr. Hyde. Parade-Beispiel für Gut und Böse in der Seele des „Club“-Spiels war das 4:5 beim VfL Bochum. Was offensiv aufgebaut war, wurde defensiv wieder eingerissen. So erhält die alte fränkische Meinung natürlich Nahrung: „Der ,Glubb’ is a Depp“. „Wir fressen in dieser Saison bislang einfach viel zu viele Gegentore“, sagt Trainer Alois Schwartz und ergänzt: „So viele Dinger wie wir kassieren, können wir für einen Sieg oft gar nicht machen.“
Umso wichtiger, dass Schwartz für die Option auf drei Punkte Guido Burgstaller besitzt. Der Österreicher kommt vor allem über die Physis und verkörpert einen Typ Stürmer, den es kaum noch gibt. Burgstaller zieht mit die meisten Sprints aller Zweitliga-Spieler an, macht Bälle fest und geht weite Wege. „Ich will immer anspielbar sein. Da sich der Fußball stark verändert hat, muss man dazu bereit sein, über die körperliche Schmerzgrenze hinaus zu gehen. Ich will erfolgreich sein, also haue ich mich dafür voll rein“, sagt der bullige Kärntner.
Auf dem Rasen ist dieser Gold wert, allerdings benötigt der Verein dringend etwas auf dem Konto. Und so droht in der Winterpause der Abgang Burgstallers. Zwar wird es der „Club“ schaffen, seine Schulden von 5,1 Millionen Euro den Liga-Statuten gemäß bis zum Jahresende um fünf Prozent zu reduzieren. Doch um im Sommer die geplante schwarze Null zu erreichen, sind Transfer-Erlöse unabdingbar. Da Burgstallers Vertrag im Juni ausläuft, kann er nur noch im Januar als Tafelsilber dienen. Die fußballerische Lebensversicherung wird zur wirtschaftlichen Überlebensgarantie. Mit sportlich für den „Club“ nicht abzusehenden Folgen.