Hallo Frau Rausch, herzlichen Glückwunsch. Sie sind also Weltmeisterin im „Zweihand-Segeln“, welche der beiden Hände dürfen wir denn schütteln?
Segeln Lisa Rausch – eine Weltmeisterin hart am Wind
Düsseldorf · Die 17 Jahre alte Schülerin des Comenius-Gymnasiums widmet ihr Leben dem Segeln.
Vor zwei Jahren Deutsche Meisterin und jetzt frisch gebackene Weltmeisterin? Diese Frage nach dem Namen dürfte selbst Sportkenner in Düsseldorf ins Grübeln bringen. Sie ist gerade einmal 17 Jahre jung, und doch kann die Seglerin Lisa Rausch beide Titel für sich reklamieren. Und ganz nebenbei hat die Gymnasiastin bei der Regatta in Marseille noch die Vizeweltmeisterschaft auf dem Nacra 15 Katamaran der Erwachsenen errungen.
Lisa Rausch: Natürlich beide, aber bei den Seglern bedeutet „Zweihand“, dass vier Hände an Bord sind: Ich habe den Titel zusammen mit meinem Steuermann Jesse Lindstädt aus Hamburg gewonnen.
Gab es von den Klassenkameraden am Cecilien-Gymnasium eine Konfettiparade in der Aula?
Rausch: Nein, die meisten wissen gar nichts davon. Ich wollte das nicht an die große Glocke hängen.
Düsseldorf ist ja nicht gerade ein Segler-Mekka. Wie kommt man denn aus dem Gurkenland an die Weltspitze?
Rausch: Die Segelleidenschaft habe ich von meinem Vater geerbt. Ich habe schon mit sechs Jahren in einem Optimisten angefangen. Mit sieben habe ich sogar – eher zufällig - an einer Weltmeisterschaft in der Vaurien-Klasse teilgenommen, das sind Boote mit zwei Seglern. Dann war ich mit dem ,Opti’ vier Jahre im Landeskader des Seglerverbandes-NRW. Mit 14 wechselte ich dann Bootsklasse und den Verband: in Schleswig-Holstein fuhr ich als Steuerfrau mit meiner Vorschoterin einen „29er“, eine schnelle Jolle. Das war schon eine andere Liga, weil es im Norden natürlich viel mehr Segler gibt, die auch viel öfter auf See trainieren können. Für mich bedeutete das allerdings, dass ich zwei Jahre lang praktisch jedes Wochenende nach Kiel zum Training gefahren bin. Der Lohn der Strapazen war der Deutsche Meistertitel der U 17 vor zwei Jahren. Im letzten Jahr habe ich im 29er an der Europacup-Serie – das ist so in etwa die Champions League der 29er-Segler – den zehnten Platz von rund 300 Seglern belegt und war im besten deutsche Mädchenteam.
Und dann bei der WM in Marseille an die Spitze. Ist das nicht ein Riesensprung?
Rausch: Auf jeden Fall, wenn man mir das vor vier Wochen erzählt hätte, hätte ich es nicht geglaubt. Das liegt auch daran, dass ich mit meinem Segelpartner Jesse erst seit April zusammen segele. Jeder kleine Fehler, jedes Missverständnis, rächt sich sofort und kostet Zeit. Das war der Wermutstropfen dieser WM, wir wurden erst in der letzten Wettfahrt vom Gegner überholt, sonst wären wir eben nicht „nur“ Vizeweltmeister „Open“. Aber der WM-Titel U 19 ist schon toll.
Auf dem Unterbacher See sieht das Segeln immer so gemütlich aus. Wodurch unterscheidet sich Ihr Sport vom Freizeitvergnügen?
Rausch: Das ist wie ein Wochenend-Kick auf der Rheinwiese und ein Fußball-WM-Finale. Das Wichtigste ist die Konzentration auf alles – Wind, Wasser, Boot, Partner und sich selbst. Das erfordert mentale und körperliche Fitness. So ein Rennen dauert zwischen 30 und 45 Minuten, aber eine WM fünf Tage mit vier Wettfahrten pro Tag. Und die Geschwindigkeit. Wir fahren mit etwa 20 Knoten, das sind fast 40 Stundenkilometer. Auf dem Wasser ist das richtig schnell und auch gefährlich: dann wird Wasser hart wie Beton. Deshalb sind Helme und Schwimmwesten Pflicht.
Was braucht es noch zum Segler-Ass?
Rausch: Nur noch zwei Dinge. Eine Familie, die das Leben eines Segler-Nomaden unterstützt und teilt. Ich bin pro Jahr etwa hundert Tage auf dem Wasser. Neben Zeit und Sprit kostet Segeln Geld. So ein Boot liegt bei 20 000 Euro, dazu braucht man einen Trailer für den Transport und jedes Jahr einen Satz neuer Segel und und und. Meine Eltern sind meine Sponsoren.