Herr Thorwirth, wie sah Ihre Vorbereitung auf die Freiluftsaison aus?
Leichtathletik „Ich muss vorlegen und meine Pflicht erfüllen“
Der Mittelstrecken-Läufer möchte zu den Olympischen Spielen. Am Samstag will er seine Form bei einem Lauf in Wien demonstrieren.
Der Düsseldorfer Leichtathlet Maximilian Thorwirth startet am nächsten Samstag in Wien in die Freiluftsaison. Mit möglichst wenig Rennen möchte der deutsche Vizemeister über 5000 Meter das Ticket für die Olympischen Spiele in Tokio lösen. Zwei gute Wettkämpfe in der Freiluftsaison, so rechnet der 26-Jährige, könnten für sein Tokio-Ticket bereits ausreichen.
Maximilian Thorwirth: Nach meiner Rückkehr aus den USA habe ich eine ruhigere Woche eingelegt, dann ging es aber gleich wieder los. Ich habe die Umfänge deutlich erhöht und eine weitere Woche später war ich bereits in der Sierra Nevada im Höhentrainingslager. Es ist wirklich eine Menge passiert. Gemeinsam mit zwei Kollegen habe ich dreieinhalb Wochen super viel im Grundlagenbereich arbeiten können.
Wird sich diese
Arbeit lohnen?
Thorwirth: Noch ist es zu früh, das zu beurteilen. Am Ende zählt nur das, was auf der Bahn rauskommt. Trainingstechnisch fühle ich mich aber ausgezeichnet. Es ist schwer, einen Vergleich mit 2020 zu ziehen, da im Vorjahr zu dieser Jahreszeit die Corona-Pandemie gerade Fahrt aufnahm. Aber die Umfänge sind deutlich höher. Ich habe erstmals eine richtige Höhenkette absolvieren können: ein Trainingslager in Kenia, eines in den USA und nun zuletzt eines in der Sierra Nevada. Ich bin gespannt, wie sich die Arbeit bei den Wettkämpfen auszahlt.
All das klingt nach einem riesigen sportlichen, aber auch logistischen Aufwand.
Thorwirth: Nur absolute Top-Athleten für Olympia durften an den vom Deutschen Leichtathletik-Verband durchgeführten Trainingslagern teilnehmen. Ich musste daher alles selbst organisiert, habe dafür aber immerhin eine kleine Aufwandsentschädigung vom Verband erhalten. Um es klar zu sagen: Es war nur mit meinen privaten Unterstützern möglich, die Trainingsmaßnahmen durchzuziehen und zu finanzieren. Das Trainingslager als solches war aus sportlicher Sicht definitiv sinnvoll. Und auch aus Corona-Aspekten, denn es war sicherer, dort zu trainieren als in Deutschland. Wir waren den ganzen Tag im Sport-Komplex und jede Woche beim Gesundheitscheck.
Die Grundlagen sind gelegt. Wie ist der Fahrplan für die nächsten Tage und Wochen?
Thorwirth: Ich werde am nächsten Samstag in Wien in die Freiluftsaison starten. Eine Woche vor den Deutschen Meisterschaften Anfang Juni in Braunschweig folgt für mich dann ein weiterer Wettkampf in Nimwegen oder in Oordegem – dann werden wir sehen, wo ich stehe. Ich freue mich in jedem Fall riesig, endlich wieder Wettkämpfe zu laufen.
Wie wollen Sie das Olympia-Ticket über Ihre Paradestrecke über 5000 Meter lösen? Am besten
doch über die Norm.
Thorwirth: Das ist aber zugegeben relativ schwierig und nicht mein primäres Ziel. Ich müsste eine Zeit von 13:13,50 Minuten schaffen.
Also über die Weltrangliste...
Thorwirth: Ja, das ist einfacher. Für jedes Rennen, das ich in diesem Olympia-Jahr absolviere, wird eine bestimmte Punktzahl aus Zeit und Platzierung errechnet. Drei Rennen fließen in die Weltrangliste ein. Es ist nicht ganz klar, welche Punktzahl am Ende für Tokio reichen wird. Sicher ist: Die ersten 42 der Welt dürfen zu Olympia.
Haben Sie eine Zeit im Kopf, die dafür ausreichen könnte?
Thorwirth: Mein persönliches Ziel ist es, zwei Rennen unter 13:25 Minuten zu laufen – das halte ich für einen realistischen Sprung. Mit meiner Zeit aus dem Winter in New York glaube ich, dass diese drei Rennen dann reichen könnten. Stichtag ist der 29. Juli. Ab dann weiß ich endgültig, ob ich dabei bin oder nicht.
Wie realistisch ist dieses Ziel?
Thorwirth: Meine Chancen stehen fifty-fifty. Am Ende kommt es auch darauf an wie gut die internationale Konkurrenz ist und wie gut ich meine Trainingsform auf die Bahn bringen kann.
Dann schauen Sie immer mit einem Auge auf die Weltrangliste?
Thorwirth: Das bleibt nicht aus, aber ich versuche, mich in erster Linie auf meine eigene Leistung zu konzentrieren. Ich muss vorlegen und erst einmal meine Pflicht erfüllen.
Olympia ist das Highlight einer Sportlerkarriere. Sie stehen kurz vor Ihrer ersten Teilnahme. Wie sehr ist die Qualifikation auch Kopfsache?
Thorwirth: Klar, einen gewissen Druck mache ich mir. In erster Linie bin ich aber super froh, überhaupt mal in dieser Position zu sein.
Spielt in der Vorbereitung die Ungewissheit eine Rolle, ob Olympia überhaupt stattfindet?
Thorwirth: Nein, denn ich persönlich muss absolut davon überzeugt sein, dass die Spiele stattfinden werden. Das ist mein Job und ich kann mir keine Zweifel erlauben. Man kommt aber schon ins Grübeln, wenn man die Stimmung in der japanischen Bevölkerung mitbekommt.
Schützen Sie sich noch mehr als andere Personen vor einer möglichen Corona-Infektion?
Thorwirth: Das ist in der Tat meine größte Sorge und dementsprechend verhalte ich mich super umsichtig. Alles andere wäre gesundheitlich, aber auch trainingstechnisch eine absolute Katastrophe. Der Körper ist nun einmal mein Kapital. Ich habe aber das Glück, bereits meine erste Impfung erhalten zu
haben.