Madame Medusa und das Glück in meinen beiden Händen
Was hat das Schicksal mit mir vor? Eine Wahrsagerin auf der Rheinkirmes weiß darüber Bescheid.
Düsseldorf. „Die skeptischen Kunden sind mir die liebsten“, sagt Madame Medusa in ihrem roten Wohnwagen auf der Rheinkirmes, gleich gegenüber der Wildwasserbahn. Madame Medusa lacht, denn wer skeptisch sei, den könne sie vom Wahrsagen überzeugen. Das sporne sie an.
Überzeugend ist Madame Medusa, die einen schwarzen Paillettenmantel trägt, wie sie mich anlächelt und erzählt: „Was ich mache, ist nicht nur Beruf, das ist auch Berufung. Diese Gabe habe ich von meiner Mutter. Schon als Kind konnte ich in den Händen anderer Leute lesen.“ Seit mindestens 20 Jahren sei sie jetzt auf der Rheinkirmes.
Viele ihrer Kunden kämen jedes Jahr wieder. Deshalb versucht sie immer wieder am selben Platz zu stehen. Das gelte für Düsseldorf, aber auch für den Rest der Republik.
Aber was hat die Zukunft nun für mich zu bieten? „In dem Moment, in dem Sie zu mir in den Wagen kommen, kann ich in Sie hinein schauen“, sagt mir Madame Medusa, als meine beiden Hände schon vor ihr auf dem Tisch liegen. „Sie sind auch ein bisschen skeptisch“, stellt sie fest. Wer wäre das nicht, wenn ihm eine fremde Frau etwas über die Zukunft sagen möchte, egal, ob ich jetzt an Wahrsagerei glaube oder nicht?
Mit einem kleinen Holzstäbchen fährt sie auf den Linien meiner Hände entlang. „Sie haben ein langes Leben vor sich“, erklärt sie mir. Das höre ich gern, aber ist es glücklich, Madame?
Da müsse ich mir keine Sorgen machen. In der Liebe laufe es auch weiter gut, und finanziell müsse ich mir keine Sorgen machen. Das ist beruhigend, denn welcher Journalist, frisch von der Uni, hat eigentlich keine Existenzsorgen?
Gerade im Beruf müsse ich aber kämpferisch sein. Aber da mache sie sich keine Sorgen, sondern sieht eindeutige Kämpferlinien. Die habe ich mir sogar noch einmal zeigen lassen. Am kleinen Finger der linken Hand sind sie.
Alles in allem sind das doch erfreuliche Nachrichten. Wobei, das hat sie mir erklärt, deute sie Probleme ihren Kunden immer nur an. „Ich biete Lebenshilfe. Ich bin jemand, der die Leute ein bisschen anstößt, damit sie ihr Leben leben“, hat Madame Medusa mir noch erklärt. Ich freue mich erstmal über die guten Nachrichten, mal sehen, was davon in Erfüllung geht. Und wenn ich ehrlich bin, das mit den Problemen hätte ich auch gar nicht so genau wissen wollen.
Aus einer Schale mit vielen kleinen Steinen soll ich mir am Schluss einen als Glücksbringer aussuchen. Meine Hand greift automatisch zu einem kleinen grünen. Noch in der Bewegung überlege ich, ob die Farbe jetzt etwas aussagt. Aber an sich habe ich grün schon immer gemocht.
Ganz wichtig ist Madame Medusa noch, dass sie keine Hellseherin ist. Wo der Unterschied liege, will ich im Gehen wissen: „Hellseherinnen spüren auch Unangenehmes bei ihren Kunden voraus. Das können nur sehr wenige.“ Und auch das Wetter für die Kirmestage kann sie leider nicht vorhersagen. Das stehe leider nicht in meinen Händen.