Medizin: Ein Wettlauf gegen die Zeit

Wer auf ein Spenderorgan wartet, führt ein Leben im Kampf mit dem Tod. In der Uni fand ein Aktionstag zu Transplantationen statt.

Düsseldorf. Jeden Tag sterben in Deutschland drei Menschen, während sie auf ein Spenderorgan warten. Zu warten sei, als wenn die verbleibende Lebenszeit durch eine Sanduhr rinnt, erinnert sich Hans Schmolke.

Nur noch wenige Sandkörner waren in der oberen Hälfte seiner Uhr übrig, als Schmolke das lang ersehnte Spenderherz erhielt. Das war im Januar 2001. Seitdem lebt er wieder sein Leben, das er mit dem Herzen eines fremden Menschen zurückbekommt.

"In dem Jahr, als ich auf das Herz gewartet habe, habe ich nicht gelebt, sondern nur existiert", sagt der 66-Jährige. Existenzielle Ängste plagen Patienten, deren ganze Hoffnung sich auf das Organ eines toten Menschen beziehen.

Schmolke lebte vor der Transplantation 360 Tage lang mit einem künstlichen Herzen (VAD). Die Maschine, die an seinen Körper "angeschlossen" war, pumpte an Stelle des kaputten Herzens das Blut für maximal ein Jahr durch seine Venen und Arterien. Nach diesem Jahr stand entweder der Tod oder die Transplantation eines neuen Herzens. Er hatte Glück.

Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) haben im vergangenen Jahr 1200 Menschen bundesweit nach ihrem Tod Organe gespendet (259 in NRW). Durch die Kooperation mit der europäischen Organvermittlungsstelle Eurotransplant konnten dennoch 4050 Organe in Deutschland transplantiert werden.

In Düsseldorfs einzigem Transplantationszentrum, der Uni-Klinik, wurden im Jahr 2009 104 Organe transplantiert. "Bislang sind das ausschließlich Nieren", sagt Susanne Dopheide von der Uni-Klinik. Es laufe aber bereits ein Antrag für die Aufnahme in das Programm für Herztransplantationen.

Neben Herzen und Nieren können die Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und der Dünndarm transplantiert werden. Trotz des hohen Bedarfs gibt es nur wenige Spender. Hinderungsgrund ist häufig die Angst. "Angst vor der eigenen Endlichkeit", sagt Schmolke. Andere sind schlicht nicht aufgeklärt.

Um Sensibilisierung und Informationen ging es am Samstag beim ersten Aktionstag zum Thema Organtransplantation an der Uniklinik. Experten referierten. Ärzte und Laien hörten zu und diskutierten. Dabei wurde eines deutlich: Es geht beim Thema Organspende nicht nur um die drängende Zeit, sondern auch um Paragrafen. Strikte Regeln begleiten den Ablauf einer Spende, so muss zunächst der Hirntod des potenziellen Spenders von zwei unabhängigen Ärzten festgestellt werden.

Der Spender wird nicht bekannt gegeben, dafür sorgt die DSO. Sofern es die Angehörigen des Spenders wünschen, hat der Empfänger die Möglichkeit, einen anonymen Brief zu schicken. "Ich habe das nicht getan, dennoch fühle ich mich unheimlich verbunden mit dem Menschen, der mir das Weiterleben ermöglicht hat", sagt Schmolke, der sich in der "Selbsthilfe Organtransplantierter NRW" engagiert.