Es ist eigentlich immer dieselbe Runde, die Brigitte Vesenbeckh mit ihren Kunden macht, sie hat sich einfach bewährt. Treffpunkt ist der große Parkplatz unweit von Galopprennbahn und Kastanienallee, dann geht’s einmal quer durch Aaper und Grafenberger Wald zu den Frauensteinen, „das ist so ein mythischer Ort, da gibt es viele Aha-Momente“, sagt Vesenbeckh. Spätestens auf dem Rückweg merkt der zuvor stressgeplagte Bürohengst, dass er mit leichterem Gepäck unterwegs ist, und das bezieht sich natürlich auf seelische Belastungen, die dann optimalerweise bereits nach dem ersten Mal ein Stück weit abgefallen sind.
Brigitte Vesenbeckh bietet ein ganz spezielles Wander-Coaching an, denn Bewegung zum einen und die Idylle als unmittelbare Umgebung zum anderen bieten doch viel bessere Bedingungen für ein befreiendes Gespräch als das Sitzen auf einem Stuhl in einem geschlossenen Raum, um so mit neuen Perspektiven und individuellen Lösungsansätzen den Heimweg anzutreten. Es muss auch gar nicht immer der Mensch kurz vor dem Burnout sein, der Ratsuchende zu dem Coach führt. „Da reicht schon der Frust, dass ich meine Gehaltsforderungen nicht durchsetzen konnte und mich nicht ausreichend wertgeschätzt fühle“, sagt Vesenbeckh. Das kann dann natürlich daran liegen, dass man beim Termin mit dem Chef schlichtweg schlecht vorbereitet war, seinen eigenen Stärken nicht genügend Berücksichtigung geschenkt hat – und daran kann man ja arbeiten.
Vesenbeckh ist eigentlich Physiotherapeutin, hat bei ihren Jobs in Freiburg und Basel aber festgestellt, dass die Patienten sie keineswegs nur mit dem Wunsch auf Schmerzlinderung aufsuchten, sondern sie zunehmend auch als Beraterin zu schätzen wussten. „Da habe ich erkannt, dass körperliche Beschwerden und psychische Befindlichkeiten meist eng in Verbindung stehen“, sagt sie. Am Berliner Institut für Familientherapie entwickelte sie sich in einer dreijährigen, berufsbegleitenden Ausbildung als Systemische Supervisorin und Coach weiter. 2002 zog sie „der Liebe wegen“ nach Düsseldorf.
Jetzt hat Brigitte Vesenbeckh im Yoga-Studio „Auszeit“ am Mörsenbroicher Weg einen Raum für ihr Systemisches Coaching angemietet, am liebsten geht sie aber mit ihren Kunden in den Wald. Die Grundvoraussetzung, um dann erfolgreich zu sein: Zuhören! „Dass einem keiner ins Wort fällt, empfinden viele schon mal als ungewohnt.“ Wünsche, Träume, ewig Ungesagtes, alles darf und soll ausgesprochen werden, um so einen Prozess einzuleiten. Denn, wenn das eine Thema erledigt ist, rücken plötzlich womöglich noch andere Probleme in den Vordergrund als nur der narzisstische Chef. „Das ist wie eine Zwiebel, die sich häutet“, sagt Vesenbeckh. Und klar, die heilsame Natur, die zwitschernden Vögel, der fehlende Straßenlärm, all das unterstützt natürlich den Genesungsprozess und kann mithelfen, Blockaden zu lösen.
Was aber auch klar ist: „Ich bin keine Psychologin, wenn einer wirklich krank ist, ist er nicht richtig bei mir“, betont Vesenbeckh – wobei die Grenzen natürlich fließend sein können. Denn aufgrund ihrer umfassenden Ausbildung kann sie durchaus zusätzlich Körperarbeit leisten: Entspannungs-Akupressur im Schulter-Nackenbereich bei Migränekopfschmerz oder Schulter-Nackensteife sowie Entspannungsbehandlungen bei Schmerzen im unteren Rücken, damit kann sie dienen. Es sind übrigens in Tat immer noch mehr Frauen als Männer, die Brigitte Vesenbeckh aufsuchen. „Die sind offenbar eher bereit, an sich zu arbeiten, während Männer derartige Probleme oft noch als Schwäche empfinden“, spekuliert die Supervisorin, die aktuell an einer neuen Idee arbeitet: Entspannung mit Klangschalen in der Mittagspause.