Kinder in Düsseldorf Ein Zufluchtsort für ausländische Familien

Düsseldorf · Bei der von einer Chilenin und einer Ukrainerin gegründeten Einrichtung am Fürstenwall erhalten vor allem ausländische Eltern Hilfe, die sonst keinen Kita-Platz in Düsseldorf finden würden.

Natalia Reynders, Viktor Khliupko und Yuliia Storozhylova (v.l.) haben am Fürstenwall die ideale Immobilie für ihr Familienzentrum gefunden.

Foto: Marc Ingel

Familien, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen, sehen sich trotz sicherem Job vielfältigen Komplikationen ausgesetzt: Sprache, Bürokratie, eine Wohnung und nicht zuletzt die Kinderbetreuung. Schon für Deutsche kann es eine nur schwer zu meisternde Hürde darstellen, einen Kitaplatz zu finden. Wie mag es da erst Brasilianern, Indern, Vietnamesen ergehen? Vor allem, wenn die deutschen Eltern womöglich als Kind selbst noch die Kita besucht haben und entsprechende Vorteile bei der Platzvergabe genießen.

Zumindest bei der Frage, wo bringe ich temporär mein (Vorschul-)Kind unter, gibt es seit vergangenem Jahr in Friedrichstadt eine Alternative zu den städtischen und privaten Einrichtungen: das Familienzentrum am Fürstenwall, das zudem ganz auf Montessori-Pädagogik setzt – bei einem Alter der Kinder ab wenigen Monaten eine absolute Ausnahme in Deutschland. Hinzu kommt: Die junge GmbH wurde von zwei Einwanderinnen, selbst Mütter, ohne externe Investoren und ohne Kredite gegründet: Natalia Reynders, die aus Chile stammt, und Yuliia Storozhylova aus der Ukraine, ihr Mann Viktor Khliupko ist die dritte Säule des Teams.

„Wir hatten vorher ein Bild im Kopf: viel Licht und Platz für die Kinder, das ist auch für die Eltern wichtig“, sagt Reynders, die ursprünglich mal Landwirtschaft studiert hat, ehe die Geburt ihres Sohnes sie dazu motivierte, eine umfangreiche Ausbildung zur Montessori-Pädagogin zu absolvieren. Jedenfalls fanden die beiden Frauen im Hinterhof am Fürstenwall die ideale Immobilie, „und der Vermieter hat sofort an unser Projekt geglaubt“, so Reynders.

Es gibt mehrere abgetrennte, aber eben auch transparent ineinander übergehende Bereiche – Bewegungsraum, Klassenzimmer, eine Art Spieleraum und die Eltern-Lounge. „Es steht nicht so viel Spielzeug bereit, aber was da ist, hat eine hohe Qualität und soll die Fantasie anregen“, sagt Reynders. Das konzentrierte „Arbeiten“ in dem einen Raum soll das Freispiel im anderen nicht ausschließen. Und es werden auch spezielle Montessori-Kurse offeriert. Insgesamt gibt es zwölf verschiedene Angebote von Kunst bis Gymnastik – mehrsprachig, versteht sich.

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Ohnehin ist Englisch fast schon so etwas wie die „Amtssprache“, was naheliegend bei den vielen Expats mit internationalem Hintergrund ist. „Es ist aber auch grundsätzlich wichtig, dass Kinder hier ihre eigene Sprache lernen und sprechen können“, sagt Yuliia Storozhylova, die bei der Aufzählung der vertretenden Nationalitäten auf mindestens ein Dutzend kommt – übrigens bringen auch deutsche Eltern ihre Kinder gerne vorbei. Storozhylova hat ein Studium in Physiotherapie absolviert und ist außerdem auf pre- und postnatale Fitness und die Rückbildung nach der Geburt spezialisiert – und inzwischen ebenso Montessori-Expertin. Ebenfalls von Bedeutung sei, die Eltern mit einzubeziehen, Berührungsängste abzubauen und ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen, daher gibt es regelmäßige Events – von Halloween über Ostern bis Weihnachten.

Geöffnet hat das Familienzentrum montags bis samstags von 9 bis 17 Uhr, gebucht werden können aktuell immer Slots von zwei Stunden. „Wir sind nach einem Jahr noch in der Findungsphase, wollen weiter wachsen, machen unsere Entscheidungen aber auch vom Feedback der Eltern abhängig“, erklärt Storozhylova. Eltern können im Familienzentrum sogar arbeiten, während die Kinder sich etwa beim Freispiel vergnügen. Zwei Vollzeitkräfte und drei Mini-Jobber vervollständigen mittlerweile das Team. Insgesamt gibt es Platz für 40 Kinder, die hier auch einen Geburtstag feiern dürfen.

Jedenfalls soll den Eltern zu jedem Zeitpunkt demonstriert werden, was die Kinder unter dem Montessori-Gesichtspunkt genau machen, damit sie bestimmte Sachen auch zu Hause umsetzen können, zudem Interessen und Talente ihrer Sprösslinge erkennen, erklärt Viktor Khliupko. „Praxis geht dabei immer vor Theorie“, ergänzt Reynders. Denn was das Familienzentrum bestimmt nicht sein will „ist ein weiterer Indoor-Spielplatz in dieser Stadt“.

(arc anbu)