Missbrauchs-Prozess nach 24 Jahren
45-Jähriger soll sich an seinem kleinen Bruder vergangen haben. In einem zweiten Prozess geht es um den Missbrauch der Stieftochter.
Wenn es um den sexuellen Missbrauch in der Familie geht, verbergen sich dahinter immer tragische Schicksale. Vor dem Landgericht begannen gestern zwei Prozesse, in denen Kinder Opfer von sexueller Gewalt geworden sein sollen. Besonders tragisch ist der Fall eines Brüderpaars. Ein 45-Jähriger muss sich auf der Anklagebank verantworten, obwohl die letzte Tat bereits 24 Jahre her ist. In dem zweiten Verfahren geht es um einen 49-Jährigen, der seine Stieftochter über Jahre immer wieder missbraucht haben soll.
Obwohl die beiden Hauptbeteiligten schon lange volljährig sind, begann der Prozess gegen den 45-Jährigen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bevor der Angeklagte 1994 zur Bundeswehr ging, lebte er mit seinen Eltern, dem mutmaßlichen Opfer und seinen jüngeren Schwestern in einem gemeinsamen Haushalt.
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kam es gegen seinen damals fünf Jahre alten Bruder, der anfangs noch in den Kindergarten ging, immer wieder zu sexuellen Übergriffen. Bis zum Sommer 1993, als der Junge das erste Schuljahr wiederholt hatte, soll sich das fortgesetzt haben. Gestern wurde zunächst nur die Anklage verlesen.
Acht Jahre lang soll das Martyrium gedauert haben, dass eine inzwischen 20-Jährige Frau angeblich durch ihren Stiefvater erleiden musste. Seit sie neun Jahre alt war, soll es nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft „fast wöchentlich“ zu sexuellen Übergriffen bis zur vollendeten Vergewaltigung gekommen sein. Dabei habe der Angeklagte seine Vertrauensposition als Stiefvater immer wieder ausgenutzt. Angeklagt sind nur Fälle, die sich nach den Ermittlungen zeitlich zuordnen lassen.
So soll es zur ersten Tat nach einem Sommerfest in der Grundschule gekommen sein. Als der 49-Jährige mit dem Mädchen allein zu Hause war, habe er zunächst etwas vorgelesen und sich danach zu dem Kind ins Bett gelegt. Es soll zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Erst als die Mutter des Mädchens zurückkehrte, soll der Angeklagte von ihr abgelassen.
In den folgenden Jahren soll das Opfer vor dem Stiefvater fast nirgends sicher gewesen sein. Auf der Couch beim Fernsehen, unter der Dusche und im Kinderbett sei es zu sexuellen Handlungen gekommen. Erst als das Opfer 17 Jahre alt wurde, kam es zur Strafanzeige. Ob der Angeklagte sich zu den Vorwürfen äußern wird, stand gestern noch nicht fest.