Pflegeheime: Trend geht zu mehr Selbstbestimmung
Feste Essenszeiten und Räume für drei Bewohner sind passé. 2018 soll es fast nur noch Einzelzimmer geben.
Düsseldorf. In der Altenpflege hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert. Dreibettzimmer sind längst passé, auch feste Essenszeiten oder der Einsatz von freiheitsentziehenden Maßnahmen gehören in vielen Heimen der Vergangenheit an.
„Insgesamt wird mehr wert auf Selbstbestimmung gelegt“, sagt Beate Linz, Geschäftsbereichsleiterin Leben im Alter bei der Diakonie Düsseldorf. „Der Frage: Was bringt jemand mit, was hat derjenige für Wünsche, wird mehr Bedeutung beigemessen.“
Das ist auch der Weg, den die Awo beschritten hat: „Heute geht man wieder dazu über, die Bewohner an Alltagstätigkeiten zu beteiligen und so die persönlichen Fähigkeiten zu fördern“, sagt Beate Schmitz-Eisenacher, Leiterin des Ernst- und Berta-Grimmke-Hauses.
Der Trend zu mehr Selbstbestimmung äußert sich auch in der Landesgesetzgebung, ab 2018 müssen mindestens 80 Prozent der Zimmer in Altenheimen Einzelzimmer sein, bei Neubauten beträgt die Quote sogar 100 Prozent. Eine Vorgabe, die auch die Diakonie Düsseldorf vor logistische Herausforderungen stellt, die derzeit einzelne Häuser modernisiert oder gleich ganz neu baut wie das Ferdinand-Heye-Haus in Gerresheim.
Auch das Deutsche Rote Kreuz investiert. Etwa in den Ersatzneubau an der Grafenberger Allee oder die Sanierung des Hauses in Reisholz, die bereits in vollem Gange ist. Kosten werde der Umbau rund zwölf Millionen Euro. „Das ist aber immer noch günstiger, als in Düsseldorf ein Grundstück zu erwerben und komplett neu zu bauen“, sagt Thomas Jeschkowski vom DRK.
Die Awo will durch die Umwidmung von Räumen, An- oder Umbauten eine Einzelzimmerquote von 100 Prozent erreichen — und gleichzeitig die Zahl der Heimplätze erhalten. Schwierig sei dabei allerdings, geeignete Ersatzräume oder gar ein ganzes Ersatzheim für die Umbauphase zu finden, sagt Schmitz-Eisenacher.
Da in Düsseldorf in der Regel alle Heimplätze auch einen Bewohner finden, müssen die Träger nicht miteinander in Konkurrenz treten. Dennoch investieren die Häuser viel, um attraktiv zu bleiben. Dazu zählt auch, neue Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Die Diakonie versucht zum Beispiel an zwei Häusern die Medikamentenabgabe an die Bewohner mit Hilfe eines Pharmazeuten, der untersucht, was wirklich nötig ist, reduzieren.
Das Deutsche Rote Kreuz wirbt mit Gruppenaktivitäten und einer intensiven persönlichen Betreuung für seine Häuser. Die Awo Düsseldorf setzt sich für ambulante Projekte ein und hat mit der Wohngemeinschaft „Kirschblüte“ die erste Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz in Düsseldorf eröffnet.
Übrigens raten alle Träger Angehörigen, sich erst selbst ein Bild vom Haus zu machen, bevor sie sich für eine Einrichtung entscheiden. „Gut ist es außerdem, sich frühzeitig zu informieren auch damit das pflegebedürftige Familienmitglied seine Wünsche äußern kann“, sagt Schmitz-Eisenacher. Bei einem Besuch können Angehörigezum Beispiel darauf achten, wie es im Haus riecht, ob die Pflegekräfte normal oder eher ruppig mit den Bewohnern umgehen, ob die Räume geschmückt sind oder eher trist wirken und ob der Speisepaln abwechslungsreich ist. „Man kann viele Konzepte schreiben — aber am Ende geht es um die Frage, wie die Menschen wirklich leben“, sagt Linz.