Verkehr Radfahrer fühlten sich noch nicht sicher auf den Düsseldorfer Straßen
Düsseldorf · Die Zahl der Unfälle bleibt konstant. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, wie es besser werden könnte.
Alle elf Stunden verunglückt in Düsseldorf ein Radfahrer. Das steht im Verkehrsbericht der Polizei für das Jahr 2019. Die gute Nachricht: Bei keinem der 923 Unfälle mit Rad- und Pedelecfahrern gab es Tote. Trotzdem bleibt die Zahl der Unfälle seit Jahren auf ähnlichem Niveau. Polizei und Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) haben unterschiedliche Vorstellungen, was man dagegen tun könnte.
Zwischen 806 und 934 lag die Zahl der Verkehrsunfälle in den Jahren 2016 bis 2018. Von 2018 auf 2019 ist der Wert leicht gesunken. Auch die Verunglückten wurden etwas weniger, 782 statt 802. In 58 Prozent sind Auto- oder Laster-Fahrer verantwortlich. Dann sind häufig Fehler beim Abbiegen oder Wenden der Grund.
Viele der anderen Fällen haben ihre Ursache darin, dass Radfahrer häufig nicht besonders regeltreu seien, wie es Jochen Schütt, Leiter der Verkehrsunfallprävention der Polizei formuliert. Wenn sie etwa Verkehrsflächen falsch nutzen – auf dem Gehweg oder in falscher Richtung auf dem Radweg unterwegs seien – oder sich kreuz und quer durch den Verkehr schlängelten. „Das ergibt sich aus dem Verkehrsmittel an sich. Mit dem Rad kann man schnell mal einen Schlenker über den Fußweg machen“, sagt Schütt.
Lerke Tyra, stellvertretende Vorsitzende des Düsseldorfer ADFC sieht noch andere Probleme. Immer wieder seien Radfahrer durch das Fehlverhalten der Autofahrer gezwungen, ihre Fahrspur zu verlassen. „Das Zweite-Reihe- oder auf dem Radweg parken, ist in Düsseldorf ein besonders großes Problem“, sagt sie. Damit bezieht sie sich unter anderem auf den Fahrradklima-Test, den der Verband alle zwei Jahre durchführt. 2018 hat Düsseldorf mit Note Vier abgeschnitten – so wie schon in den Vorjahren. „Falschparkerkontrolle auf Radwegen“ wird als die größte Schwäche im Düsseldorfer Verkehr angegeben, die Befragten haben den Eindruck, es werde geduldet, wenn Autofahrer auf dem Radweg parken. Zudem fühlen sich Radfahrer nicht genügend akzeptiert.
Dass das Falschparken ein Problem ist, sieht auch Schütt. Er sagt, oft seien es Unachtsamkeit und Egoismus, die gefährliche Situationen herbeiführten. Den Verkehrsraum müssten sich alle Teilnehmer teilen: Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer und mittlerweile zusätzlich noch E-Roller-Nutzer. Da sei Rücksicht und Vorsicht wichtig, genau wie Regeltreue.
Wichtig ist auch, schon Kinder an den Verkehr und das richtige Verhalten heranzuführen. Schütt weist zudem auf gute Sichtbarkeit durch die richtige Kleidung und reflektierende Materialien und das Tragen eines Helmes hin: „Dazu raten wir dringend.“
Hier ist der ADFC anderer Meinung: „Die Diskussion um eine Helmpflicht lenkt nur vom eigentlichen Problem ab“, sagt Lerke Tyra. Für sie liegt das Problem mehr in der Infrastruktur. Eine niedrigere Geschwindigkeit könne etwa dafür sorgen, dass Autofahrer noch besser reagieren können. Sollte es doch mal zu einem Unfall kommen, seien Verletzungen und Schaden oft nicht so schwer, wenn das Auto mit 30 statt 50 km/h unterwegs war. Die Radinfrastruktur sei ein grundsätzliches Thema, das für die Vermeidung von Unfällen wichtig ist. „Wir bräuchten eine fehlerverzeihende Infrastruktur“, sagt Tyra. Also Wege für Radfahrer, die breit genug sind, dass ein kleiner Schwenk nicht gleich gefährlich werden könnte.
Außerdem könne schon in der Fahrschule besser auf das Zusammenspiel zwischen Auto- und Fahrradfahrer vorbereitet werden. In Holland etwa lernten Fahrschüler schon jetzt, die Autotür beim Aussteigen mit der rechten Hand zu öffnen – und so automatisch einen Blick über die linke Schulter zu werfen. Zudem rechneten Autofahrer oft nicht mit Radfahrern, die unterwegs sind – auch das könne man Anfängern schon in der Fahrschule angewöhnen. „Da würden wir uns mehr Zusammenarbeit mit den Fahrschulen wünschen“, sagt Lerke Tyra.
Gerade 2020 werde für den anstehenden Fahrradklima-Test spannend. An den Zählstellen wurden bereits deutlich mehr Radfahrer gezählt, als in vergangenen Jahren: Zwischen 1. Januar und 9. Juli waren es 2020 schon 627129 Bewegungen mehr als im gleichen Zeitraum 2019. Dass durch Corona weniger Menschen mit der Bahn fahren wollen, sei nur ein Grund dafür. Man könne gespannt sein, wie die zusätzlichen Radler den Verkehr 2020 erleben.