Düsseldorf Reisemarkt: Frühbuchen ist das neue Last Minute

Wie kommt man möglichst günstig in den Urlaub? Ein Besuch im Reisemarkt am Düsseldorfer Flughafen.

Foto: dpa

Düsseldorf. Auf die Schnelle die Fliege machen? Wer kurz vor Ferienbeginn noch nichts geplant, geschweige denn gebucht hat, könnte enttäuscht werden. „Last Minute? Das war einmal“, seufzt Rene Jacobs am DER-Counter in der Reisewelt des Düsseldorfer Flughafens, dem Deutschlands größtem Reisebüro.

Seit immer mehr Erholungssuchende bereits lange vor dem Urlaub surfen gehen im Internet und spätestens seit den Anschlägen in den USA am 11. September 2001 hat sich in der Tourismusbranche manches verändert. Auch das Buchungsverhalten. Morgens einfach mit dem Köfferchen zum Flughafen kommen, um zu schauen, was es heute für Schnäppchen gibt, und dann am selben Tag noch abzuheben unter dem Motto „Ich bin dann mal weg“, gibt’s so nicht mehr.

Jacobs erinnert sich: „Früher standen die Leute hier in Dreierreihen vor meinem Schalter, um einen Restplatz zu ergattern. Das war wirklich noch wie auf dem Markt. Wenn bei einem Superangebot einer in der ersten Reihe zögerte, streckte in der dritten sofort ein Anderer den Arm hoch und brüllte: Dann nehm ich das!“

Heute geht es viel entspannter zu in der Reisewelt, eher ein versteckter Geheimtipp, diese Tourismusmesse für Privatpersonen auf zwei Ebenen mitten im Flughafen. Eine Rolltreppe führt zu über 40 Reiseanbietern und — wo gibt’s das noch — zu über 200 Beratern.

Die Wände der einzelnen Kojen sind plakatiert mit viel versprechenden Aushängen: „Sie buchen, wir zahlen. Mit etwas Glück jeden 1. Sonntag im Monat die von Ihnen gebuchte Reise zu Ihrem Traumziel.“ Eine Woche in einem 4-Sterne-Hotel in Kreta ist schon ab 391 Euro zu haben, 7 Tage Cluburlaub auf Formentera ab 295 Euro, ein zweitägiger City-Trip nach Barcelona ab 145 Euro, nach Rom 122 Euro, nach New York 699 Euro. Für die Sommerferien werden noch Familien-Packungen geschnürt: Korfu, zwei Erwachsene, ein Kind, alles inklusive, eine Woche ab 1400 Euro.

Geöffnet ist der Reisemarkt an 365 Tagen im Jahr. Jacobs erinnert sich, dass an einen Heiligabend, als eine Dame suchend durch die Gänge irrte: „Die hab ich dann noch am 2. Weihnachtstag nach Bali gebracht.“ Heute ist solche Suche komplizierter. Suchmaschinen sortieren vor. Wird ein Hotel im Internet (zu) oft angeklickt, steigt der Preis - manchmal sogar stündlich. Bei Ladenhütern im Netz sinkt er allerdings auch schon mal entsprechend.

Überhaupt echte Schnäppchen, wie sie beispielsweise im TV-Spot von Secret Escapes in nicht ausgebuchten Luxushotels versprochen werden — „auch die teuersten Hotels wollen keine leeren Betten“ - sind im Netz wie am Counter eher selten. Wer auf die Schnelle billig mal weg sein will, muss in der Regel Zugeständnisse machen: ungünstige Abflughäfen oder Flugzeiten, womöglich mit Zwischenstopps, exotische Fluggesellschaften, kaum Wunschtermine. Jacobs: „Man muss flexibel und zu Kompromissen bereit sein.“

Zum DER-Schalter im Flughafen kommen heute vorzugsweise Stammkunden, die den entspannten Service dort schätzen. Jacobs: „Bei mir buchen Kunden zum Beispiel mehrmals im Jahr zwei Wochen Mallorca.“ Wo die Reise hingeht beim Buchungsverhalten signalisiert ein Aushang im Nebenschalter: „Jetzt die Sonne buchen, bis zu 45 % Frühbucherrabatt.“ Frühbuchen ist überhaupt das neue Last Minute.

Auch beim „nackten“ Flug. Ex und hopp gibt’s schon lange nicht mehr. Der Lufthansa-Mitarbeiter schüttelt den Kopf: „Wir haben keinen Last-Minute-Schalter.“ Restplätze muss man sich schon aus dem Netz fischen. Ist in der Regel dann auch günstiger als im Reisebüro.

Neckermann macht’s möglich, signalisiert eine Leuchtreklame auf der Abflugebene. Immer noch? Vielleicht möglich, wenn man Las Palmas, nur Hinflug für 109,99 Euro für ein Schnäppchen hält. Nachfrage am Air Berlin-Schalter nach Last Minute. Erstauntes Augenbrauen-Hochziehen: „Weiß ich nicht. Ich bin neu hier“. Ach, ja, die haben ja Personal eingestellt. Aber wohl noch nicht eingearbeitet. Als der junge Mann eine Kollegin fragen wirft, ruft die schnippisch „Pause!“ über die Schulter und verschwindet durch eine Wandtür. Rechts und links beschweren sich Kunden, die nicht weggekommen oder hängen geblieben. Air Berlin ist scheinbar doch noch nicht wieder auf Flughöhe. Zumindest nicht in Düsseldorf.

Also doch lieber woanders gucken nach Ferien-Schnäppchen. Mitten in der Altstadt hat L’TUR, „Europas Nr 1 für Last Minute“, eine Filiale, in der Flyer an der Tür flattern. Doch auch mit dem Slogan „Nix wie weg“ setzt man hier längst auf Frühbuchen. Eine Woche Miami Beach unter 1000 Euro ist erst am 21. September zu haben, Bei Fernwärme-Angeboten wie Mauritius ab 1140 oder Jamaica 1379 Euro steht gar kein Datum dabei.

Aber nicht immer muss man draufzahlen in der Ferienzeit. Es gibt auch individuelle Sonderangebote. Die in Düsseldorf beheimateten Lindner-Hotels werben aktuell für ihr Golf & Wellness Resort auf Mallorca, nicht weit von Palma und dem Luxus-Yachthafen Puerto Portals „Schnappen Sie sich jetzt noch ein Sommerbettchen mit 10 % Rabatt.“

Als Düsseldorfer kann man aber auch günstig zu Hause Urlaub machen. Summer@Home heißt das Stichwort des Sommerspecials im Holiday Inn an der Toulouser Allee, mit dem man sich im Juli und August für eine Nacht im klimatisierten Doppel- oder Einzelzimmer für 50 Euro einquartieren kann. Einzige Voraussetzung: Ein Wohnsitz in Düsseldorf. Dann gibt’s obendrauf auch noch Frühstück und Parkplatz zum halben Preis und, wenn’s über 30 Grad heiß wird, einen Gutschein für einen kühlen Drink.