Rolando Villazón: Der Mime als Regisseur
Der berühmte mexikanische Tenor inszeniert an der Rheinoper Donizettis „Don Pasquale“.
Düsseldorf. Er scherzt und singt, karikiert autokratisch intellektuell daherkommende Regisseure. Ein Gespräch mit dem weltberühmten mexikanischen Tenor Rolando Villazón erscheint schon wie eine kleine Theatervorstellung. Dabei hat ihn die Deutsche Oper am Rhein gar nicht als Sänger engagiert, sondern als Regisseur. Villazón inszeniert derzeit in Düsseldorf Gaetano Donizettis Oper „Don Pasquale“.
T-Shirt, Jogging-Jacke, schwarze Hornbrille, so erscheint der Star mit dem dichten dunklen Kraushaar beim Pressegespräch im Opernfoyer. Er spricht Deutsch mit spanischem Akzent, redet aber schnell, eloquent und temperamentvoll. Hinter der heiteren Fassade steckt ein kluger Denker, der die Regiearbeit nicht als Nebenberuf betrachtet. Aber Villazón ist kein Neuling auf dem Regiestuhl: Seit seinem Regie-Debüt mit Jules Massenets „Werther“ 2011 in Lyon hat er schon manche Oper in Szene gesetzt, darunter viel Belcanto von Donizetti, Verdi und Puccini.
Und zwei Romane hat der Musiker verfasst. Gerade erschienen ist das Buch „Lebenskünstler“ rund um sieben Künstler, die versuchen ein freies Leben zu führen. Ein dritter Roman sei bereits in Arbeit, sagt Villazón. Auch als Talkmaster ist der Tenor gelegentlich unterwegs, und er zeichnet Cartoons. Als Sänger hat ihn das Düsseldorfer Publikum bereits in der Tonhalle erlebt. Aber die Rheinoper engagiert ihn nun zum ersten Mal, wenn auch nicht als Star auf der Bühne, sondern hinter den Kulissen. Villazón zeigt sich nicht nur im Interview als sympathischer Dampfplauderer. „So ist er den ganzen Tag“, sagt Rheinopern-Intendant Christoph Meyer. „Seine Begeisterung überträgt sich auf das gesamte Team.“ Und zu Villazón sagt Meyer enthusiastisch: „Ich glaube, dass du als Regisseur geboren bist.“
„Don Pasquale“ sei ein Meisterwerk der Opera buffa, findet Villazón. Sowohl musikalisch als auch als Komödie habe der Komponist alles sehr gut auf den Punkt gebracht. Nur mit der Moral von der Geschichte sei er nicht ganz einverstanden. „Ein alter Mann sollte nicht mehr heiraten“ - so könne man die Quintessenz zusammenfassen. Doch er, Villazón, sei da anderer Meinung, und das wolle er mit seiner Inszenierung auch zum Ausdruck bringen. „Ich will gegen diese Moral aninszenieren“. Denn in der Liebe sei alles möglich.
Freiheiten wolle er sich nehmen, aber keine willkürlichen. „Ich bin ein Fan des Regietheaters, aber auf der anderen Seite wirkt es heute auch schon wieder altmodisch.“ Es gehe darum, das Stück gut zu reflektieren. Wenn dies gelinge, gebe der Regisseur auch die richtigen Antworten. Wichtig sei aber auch die Zusammenarbeit mit allen Mitwirkenden. „Wer ist hier der Boss, der Sänger, der Regisseur oder der Dirigent?“ Diese Frage stelle sich oft während der Inszenierung. Antwort: „Es gibt keinen Boss.“ Ein Sänger sei kein Student, der einfach etwas übernehme, sondern jemand, der eine Figur zum Leben erweckt. „Man kommt zur gemeinsamen Sprache. Um überzeichnend zu sagen, wie er es nicht machen will, äfft Villazón noch einen fiktiven Intellektuellen-Regisseur nach und zeigt komödiantisch auf seinen Kopf: „Aus meinem Gehirn kommt alles raus!“
Intensiv kooperiert Villazón auch mit dem jungen australischen Gastdirigenten Nicholas Carter. „Wir sprechen schon ab, ob eine Stelle schneller oder langsamer sein soll“, sagt der Dirigent. Doch ganz festzurren ließe sich das nie. „Wir finden unsere Interpretation bei der Premiere“, betont Carter. Würde man zu starr arbeiten, fehlte am Ende die Spontaneität.