Musik Sänger sucht Chor: Ein Besuch beim Vorsingen

Düsseldorf · Bei der offenen Probe von Düssharmonie zeigt sich, dass die Ansprüche hoch, aber sie nicht das Wichtigste sind.

Der Chor Düssharmonie in Aktion, der neue Vorsänger wollte übrigens nicht mit aufs Bild.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Trotz Schnee, stockendem Verkehr und Handball-WM im Fernsehen als Parallelprogramm machte sich der 47-jährige Johannes Kaufhold am Mittwochabend auf dem Weg in das Joachim-Neander-Haus der Diakonie, wo jeden Mittwoch kräftige Männerstimmen durch die Flure drängen. Es ist der Männerchor „Düssharmonie“, der mit seiner Barbershop-Musik dort übt und just an diesem Abend eine offene Probe abhielt. Kaufhold sang in seiner Schulzeit gut im Knabenchor mit, blieb der Musik als Pianist immer treu, aber vermisste das gemeinsame Chorsingen: „Ich habe schon länger nach einer Möglichkeit gesucht, wieder im Chor zu singen und habe diesen Zusammenhalt vermisst.“

Er trifft um 19.10 Uhr im Diakonie-Haus an der Calvinstraße ein. Zehn Minuten nach dem geplanten Beginn. Er ist aber nicht der einzige der zu spät kommt. Durch den Schnee blieben viele im Verkehr in Benrath stecken, sodass die Probe erst gegen halb so richtig anfängt.

Er war der einzige, der sich auf den Weg machte, um das momentan 29-köpfige Team zu verstärken. „In letzter Zeit kamen einige neue hinzu. Wir haben das offene Singen jetzt veranstaltet, da wir gerade mit den Vorbereitungen für die Konzerte anfangen“, erklärte Chorleiterin Elisabeth Kittelmann den momentan idealen Zeitpunkt zum Einstieg.

Der Chor ist ambitioniert, will aber niemanden ausschließen

Beim offenen Singen sollte der Neuling aber nicht vor lauter Druck verschreckt werden. Stattdessen sollte er sich erstmal angucken können, wie die wöchentliche Probe aussieht. Die Chorleiterin verdonnerte die meistens um die 50 Jahre alten Männer dabei zunächst zu Stimmübungen, bei denen sie sich mit merkwürdig anmutenden „Lu-lu-lu“-Lauten warmsingen sollten. Die Chorsänger haben dabei einen hohen Anspruch an sich selber, geben sich nach jeder Woche „Hausaufgaben“ und üben teilweise täglich, um den Ton perfekt zu treffen. „Es gibt halt keine Instrumente, die etwas ausgleichen könnten“, erzählt einer der Sänger. Für Kaufhold kein Problem. Trotz hagerer Statur bestand er zwischen den anderen, hatte aus Schulzeiten offenbar nichts verlernt und ordnete sich im vierstimmigen Chor bei den Basssängern ein.

Der eigentliche Test steht ihm freilich noch bevor. In einigen Wochen wird er auch einmal alleine vorsingen müssen, um abschließend zu sehen, ob er geeignet ist. Doch trotz des hohen Anspruches, den der Chor an sich selbst stellt, soll möglichst niemand ausgeschlossen werden. Dementsprechend niedrig sollte die Hürde sein, wie Kittelmann erklärte: „Das Wichtigste ist der Spaß.“ Die Disziplin, die „Hausaufgaben“ zu machen, würde dann schon automatisch kommen.

Mit der wachsenden Popularität der Barbierkultur zahlt sich das Engagement auch aus, da auch Barbershopchöre wie die Düssharmoniker bekannter werden. Zum Teil kommt die A-Cappella-Musik auch bei jüngeren Leuten an, bei „Düssharmonie“ sind die jüngsten Mitglieder um die 30 Jahre alt. Mittlerweile spielen sie auch auf Festivals vor bis zu 600 Leuten. Letztes Jahr unter anderem in Reading, dieses Jahr ist eine Fahrt nach s’-Hertogenbosch geplant. So hat Johannes Kaufhold nach langer Suche also einen Chor gefunden, bei dem er nicht nur unter Gleichgesinnten singen kann, sondern auch noch weit herum kommt.