Saisonales Gärtnerglück im Kollektiv

Am Volmerswerther Deich bilden 180 Ackerschollen das Gärtnerkollektiv „Meine Ernte“. Die Parzellen kann man für 200 Euro im Jahr mieten.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Jürgen und Katrin Schmidt haben keinen eigenen Garten. Und doch können sich sich im Sommer vor Gemüse kaum retten. Möglich macht’s ein Gemüseacker am Volmerswerther Deich: Der bietet, aufgeteilt in 180 streifenförmige Parzellen, dem Unterbilker Ehepaar ein kleines Stück Ackerboden im Gärtnerkollektiv „Meine Ernte“. Zur Saisoneröffnung war schon vieles vorbereitet: Bauer Andree hatte gepflügt, Samen und Setzlinge in die Erde gebracht. Und so waren schon die ersten zarten Blättchen von Rotkohl, Kopfsalat und Porree zu sehen. Nur Sorten wie Ackerbohne, Kartoffel, Kürbis oder Gurke waren noch nicht in der Erde; sie werden erst nach den Eisheiligen eingesetzt.Jeder Hobbygärtner hat die gleichen Gemüsesorten in seiner kleinen Parzelle, zusätzlich noch ein kleines „Wunschbeet“, in dem nach Belieben Gemüse oder Blumen gepflanzt werden können. Knapp 200 Euro kostet eine solche Ackerscholle im Jahr, bezahlt wird einmalig zum Beginn der Saison. Das gleiche Angebot gibt es auch in Lörick.

Seit vier Jahren sind die Schmidts in Volmerswerth dabei. Beide haben einen Büro-Job: „Auch wenn es da mal stressig war, kann ich auf dem Acker wieder runterkommen“, sagt Katrin Schmidt: „Ich habe hier mein kleines Glück gefunden.“ Und zumindest im Sommer müsse sie kein Gemüse mehr kaufen — „wir ernten mehr, als wir überhaupt essen können“, sagt sie. „Es ist verblüffend zu sehen, wie aus zwei Pflanzen 80 kleine Zucchini hervorgehen.“

Alles, was übrig ist, werde an Freunde und Bekannte verschenkt. Die letzten Zwiebeln aus dem vergangenen Jahr lägen aber jetzt noch bei ihr im Schrank. Die Ernte schwanke jedoch je nach Wetterlage: „Im ersten Jahr habe ich 50 Kilo Kartoffeln aus der Erde geholt, vergangenes Jahr nicht einmal halb so viel“, sagt die 56-Jährige. Auch ihre Ernährung sei auf einmal viel gesünder geworden: „Man muss schließlich schauen, dass man das Gemüse nicht schlecht werden lässt zuhause. Wir essen viel weniger Fleisch, seit wir hier gärtnern.“

Ein bis zwei Mal pro Woche besucht das Ehepaar sein Beet: „Zu Beginn der Saison vielleicht ein wenig öfter.“ Auch wenn die Pflanzen schon vom Bauern in die Erde gebracht wurden, hält die Ackerscholle, die nur durch eine dünne Schnur und einen schmalen Trampelpfad von den anderen abgegrenzt ist, einige Arbeit für die beiden bereit. „Es gibt nur drei Pumpen. Und um die vollen Gießkannen zu schleppen, braucht man schon ein par Muckis“, sagt Jürgen Schmidt. Seine Frau sammelt währenddessen Kartoffelkäfer ein und jätet Unkraut. Zum Schutz vor Kaninchen legen die beiden nach getaner Arbeit ein Netz über ihr Ackerstück.

Wenn die beiden in den Urlaub fahren, muss ihre Ackerscholle versorgt werden. Schmidt: „Wir kennen mittlerweile schon unsere Beetnachbarn und organisieren uns regelrechte Vertretungen für solche Fälle.“

Genau darauf setzt auch Nadine Kirchbaumer, die das Gärtnerkollektiv ins Leben gerufen hat und verwaltet. „Manche bringen zur Saisoneröffnung sogar Sekt mit und stoßen auf die bevorstehenden Monate an“, sagt sie, und: „Wir arbeiten biologisch, hier darf keiner chemischen Dünger verwenden.“ Regelmäßig wird via E-Mail ein „Erntebrief“ an die Hobbygärtner des Kollektivs verschickt, in dem Tipps und Trends gelistet sind. Ein professioneller Gärtner ist zusätzlich regelmäßig auf dem Acker unterwegs und bietet Sprechstunden an — falls die Pflanzen nicht so sprießen wie gewünscht. Gärtnerutensilien wie Gießkannen oder Harken werden gestellt; der Acker steht jederzeit offen, Gärtnern ist jederzeit möglich — ob in aller frühe vor der Arbeit oder spät abends im Mondschein.

Vor allem Familien würden den Aufwand anfangs unterschätzen. Jedes Jahr werden die Schollen neu auf dem Acker verteilt — „Stammgärtner können Wünsche äußern, aber im Endeffekt weiß man nie, wer der Nachbar für die Saison sein wird.“

Für Katrin und Jürgen Schmidt hat sich durch die Arbeit auf dem Feld auch ihr Verhältnis zur Landwirtschaft geändert: „Für mich ist es jetzt unverständlich, wie ein Kohlrabi im Supermarkt 19 Cent kosten kann. Ich weiß ja jetzt, wie viel Arbeit in der Produktion steckt“, sagt sie.

Buchungen im Internet:

www.meine-ernte.de