Schauspielhaus Düsseldorf - Eine Bilanz

Was uns aus der vergangenen Saison besonders im Gedächtnis geblieben ist.

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Düsseldorf. Der letzte Vorhang im Central und im Schauspielhaus am Gründgens-Platz ist gefallen. Schauspieler, Regisseure, Dramaturgen und Leitungsteam treten den wohlverdienten Sommerurlaub an. Sechs Wochen haben sie, um sich zu erholen von zehn Monaten im Dauerstress. Zumindest vom Dauereinsatz. Eine Premiere nach der anderen haben sie herausgebracht auf großen und kleinen Bühnen, Junges Schauspielhaus inklusive. Nicht alle, doch die meisten waren von Erfolg gekrönt, totale Flops gab es keine. Stattdessen einige echte Knüller, die auch in der kommenden Spielzeit weiterlaufen. Das dürfte die Zuschauer beruhigen, die bisher noch keine Karten ergattern konnten: für „Lazarus“, „Caligula“, „1984“, „Tartuffe“ oder „Dreigroschenoper“ und für „Kaufmann von Venedig“. Jetzt kann das Publikum Kraft tanken für den „dritten Streich“, im Klartext: für die dritte Saison unter Schulz, die im September beginnen wird.

Recht geben den Machern die Gesamt-Auslastung von 85,2 Prozent und Zahl von 226.000 Zuschauern. Sie stellt alles in den Schatten und lässt die Oper (70 Prozent) und das Ballett am Rhein (80 Prozent) weit hinter sich. Anlass für eine knappe Rezensenten-Bilanz.

Begonnen hatte die Erfolgserie mit einem Paukenschlag: Mit Erich Kästners Roman-Adaptation von „Fabian oder die Gang vor die Hunde“. Hauptdarsteller André Kaczmarczyk begeistert in dem Stoff, der den sozialen und politischen Umbruch der beginnenden 1930er Jahre spiegelt. Als Großstadt-Melancholiker Fabian mimt er den schlendernden Beobachter und zynischen Diagnostiker sozialen Elends. Er will das Leben leicht nehmen, swingt lockeren Schritts, auf einer Showbühne, durch die verruchte Metropole Berlin. Wieder auf dem Spielplan: Anfang Oktober. Dann wird auch Brechts „Dreigroschenoper“ wiederaufgenommen. Die Inszenierung von Opernregisseur Andreas Kriegenburg setzt auf knallige Bilder und hervorragend singende Schauspieler (allen voran Lou Strenger), die die schräge Bettlerfarce und die 22 Gesangsnummern zu einem Musiktheater-Erlebnis machen.

Der Kassenschlager Nummer Eins, das David Bowie-Musical „Lazarus“, wird ebenfalls weitergespielt, in einer Serie bis Ende Dezember. Der Star auch hier: Kaczmarczyk, der als Valentine, eine Mischung aus Dämon und Diva, am meisten hervorsticht und den Hauptdarsteller Hans Petter Melo Dahl in den Schatten stellt. Hier dürfte man nur als Frühbucher zum Zuge kommen; denn bereits jetzt sind einige Termine ausverkauft.

Das gilt auch für den George Orwell-Abend „1984“ mit Sänger und TV-Star Christian Friedel, der, zwischen Drehterminen in Berlin, schnell nach Düsseldorf eilen muss. Armin Petras inszeniert die düstere, traurige Geschichte über ein totalitäres System und die Vereinzelung des Menschen eher als ein Rockoper, angeführt von der Dresdener Rockband „Woods of Birnam“ mit ihren Frontmann Friedel. Derselbe wird auch wieder als Hauptdarsteller im High-Tech-Zauberstück „Der Sandmann“ zu erleben sein (ab 21. Sept.), das demnächst sogar nach Shanghai reisen wird. Knapp sind Tickets auch für Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ mit Star-Mime Burghart Klaußner (ab 18. Sept.), der als Jude Shylock eine beeindruckende Charakterstudie präsentiert. Eine solide Inszenierung, die erst durch Klaußner und einige exzellente Jung-Darsteller (wie Sebastian Tessenow) brilliert und an Fahrt gewinnt.

Weniger überzeugend war die älteste Tragödie der Antike, die „Orestie“, von Aischylos, die Simon Solberg auf zwei Stunden ausdünnte, aktualisierte (Agamemnon in Anzug und Krawatte erscheinen ließ) und nicht so recht in den Griff bekam. Es war eine der wenigen schwachen Regietaten, die jetzt vom Spielplan gestrichen wurden.

Leider gibt es auch kein Wiedersehen mit „Der Junge mit dem Koffer“ - ein berührendes Flüchtlingsdrama unter Jugendlichen im Jungen Schauspielhaus, das bereits 2016 mit dem Theaterpreis „Der Faust“ ausgezeichnet wurde. Weitergespielt indes „Paradies“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz: Das Drama über einen jungen Salafisten, der zum Selbstmörder ausgebildet werden soll, zündet und kommt für Jugendliche zur richtigen Zeit, zumal es bunt, jung, frech und forsch und mit viel Club-Musik über die Rampe weht. Und auf bemühtes Pädagogen-Pathos verzichtet. Schwächer indes die „Größte Gemeinheit der Welt“ - eine zwar vitale, überschäumende Comicstrip-Inszenierung mit aufgeblasenen Comicfiguren, die aber kaum mit der schwachen Handlung versöhnen kann.

Für eingefleischte Premieren-Gänger gibt es ein besonderes Abonnement. Für Zwei Premieren am Gründgens-Platz, sechs auf der Großen Bühne und zwei auf der kleinen Bühne im Central. Also zehn Premieren.

Vier Preiskategorien, gestaffelt von 240 bis 510 Euro. Kostenloses Programmheft inklusive. Sonntags- oder Montags-Abo für zehn Vorstellungen im Central: 70 bis 199 Euro. Kleines Abo für sechs Vorstellungen: 51 bis 140 Euro.

Tel.: 36 99 11, www.dhaus.de