So leben arme Kinder in Düsseldorf

Zu wenig Geld zu haben, führt oft zu Spannungen. Ute Dröge von der Familienhilfe sucht nach Lösungen.

Foto: M. Zanin

Düsseldorf. Auch in einer reichen Stadt wie Düsseldorf leben hunderte Kinder unter der Armutsgrenze. Das kann heißen, die Toilette in der kleinen Wohnung ist der einzige Rückzugsort. Das kann bedeuten, Auflüge werden zum Problem ebenso wie der Kindergeburtstag, zu dem keine Freunde kommen. Spannungen, Ausgrenzung drohen, das erlebt Ute Dröge immer wieder. Die Mitarbeiterin in der Familienhilfe der Diakonie unterstützt Betroffene, wenn sie nicht mehr klarkommen.

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„Dass Düsseldorf reich ist, änderte nichts daran, dass es auch arme Familien gibt — wie in jeder Großstadt.“ Armut geht dabei ihrer Erfahrung nach quer durch alle Schichten, am häufigsten treffe es Alleinerziehende. Beim Umgang damit, spiele Bildung aber eine entscheidende Rolle. „Akademiker sind oft gut vernetzt und können es besser abfedern, wenn sie in finanzielle Nöte geraten.“ Zu ihr kommen Eltern ohne Schulabschluss genauso wie Berufstätige.

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Sie hilft ihnen dabei, den der Alltag mit wenig Geld zu meistern, ohne dass die Kinder zu sehr darunter leiden. „Was die Familien zur Verfügung haben, ist extrem wenig. 70 Euro für die Erstausstattung zum Schulbeginn — das ist lächerlich“, sagt sie. Durch Spenden von Firmen sei es dieses Jahr gelungen, für alle Kinder ein angemessenes Paket zu schnüren. „Doch damit hört es nicht auf — Kinder im Wachstum brauchen teils mehrmals im Jahr eine neue Ausstattung, vom T-Shirt bis zu Hallenturnschuhen.“ Später sei ein PC Voraussetzung, der für Hausaufgaben-Programme auf dem neuesten Stand sein müsse.

Gerade in Düsseldorf mit den steigenden Mieten sei der Wohnraum aber sehr häufig das größte Problem. „Bezahlbare Wohnungen, die den Kriterien für Hartz IV entsprechen, findet man kaum noch “, sagt Dröge. Die Folge: „Oft schläft die Mama im Wohnzimmer. Als Rückzugsort bleibt nur noch die Toilette. Andere Kinder einzuladen, kommt da meist nicht infrage. Die Familie sitzt aufeinander, Spannungen sind vorprogrammiert.“

Wenn es um Kindergeburtstage geht, mache sich das besonders bemerkbar. „Heutzutage muss das meist ein Event sein, ein teurer Ausflug. Kinder aus armen Familien können das nicht bieten, also laden sie niemand ein und werden nicht eingeladen.“ Dröge zeigt in solchen Fällen Alternativen, die fast nichts kosten und auch ohne Anlass machbar sind: Wasserspielplätze, der Südpark oder der Wildpark mit Streichelzoo. Oder sie macht als Familienaktion auf Ausflüge und Fahrten aufmerksam, die gefördert sind, beispielsweise vom Jugendamt.

Auch beim Teilhabe-Paket wird Ute Dröge mit ihren Mitarbeitern aktiv, füllt mit den Familien die Formulare aus. Daher werde das Geld, das der Bund zur Verfügung stellt, auch gut genutzt. Doch es brauche eigentlich mehr als das. „Die Förderung ist schon gut. Aber was mit 10 Euro im Monat machbar ist, kann sich jeder selbst vorstellen“, sagt sie. Vereinsbeiträge beispielsweise können damit zwar häufig bezahlt werden. „Was dabei unter anderem ein Problem bleibt: Fahrtkosten. Der Schwimmkurs liegt nicht automatisch um die Ecke. Bei anderen Angeboten wie Museen oder Kino sieht es ähnlich aus.“

Doch sie ist froh, dass es in der Stadt viele Möglichkeiten gibt, dass Firmen und Privatpersonen Spenden zur Verfügung stellen, dass Stadt den Familien durch Fördermittel an Schulen und Kindergärten finanziell unter die Arme greift.

Noch mehr müsse sich allerdings bei den Flüchtlingen tun. „Sie haben oft keinen Anspruch auf Familienhilfe. Bis bei ihnen etwas ankommt, kann es Jahre dauern — für die betroffenen Kinder viel zu spät“, sagt Dröge. Dort tätig zu werden, sei eine künftige Herausforderung. „Mit anderen kulturellen Gewohnheiten umzugehen, ist sehr spannend.“