Stadt-Teilchen Die große Welt im Kleinen

Wer braucht schon Mallorca, wenn er den Volksgarten hat?

Foto: Florian Gaertner/dpa

Düsseldorf. Am Wochenende nach Mallorca? Oder nach Andalusien? Städtetrip nach Italien? Kann man machen, wenn man sein kleines langweiliges Leben mit großen Gefühlen aufladen möchte. Kann man aber auch lassen und die großen Gefühle ganz in der Nähe suchen. Ein Fahrrad reicht. Eine Decke eingepackt, ein bisschen was zum Schnabulieren, ein schöner Rotwein, und dann am frühen Abend ab in den Volksgarten, eine Bank belegen und auf den See gucken. Das ist große Welt, die große Welt im Kleinen.

Im ganz Kleinen sogar. Irgendwie scheint sich der Weg zu bewegen. Ist das der Rotwein? Hüpfen hier die Steine? Nein, es sind Frösche. Winzige Frösche. Nicht mal so groß wie der kleinste Fingernagel. Sie suchen. Was sie suchen, bleibt offen. Das Wasser?

Kleine Frösche bringen Menschen zum Tanzen. Jogger, die sonst mit Verve vorbei fliegen, tänzeln plötzlich, konzentrieren sich auf den Boden, denn der bewegt sich. Jogger tanzen den Froschtanz. Sieht lustig aus. Große Welt.

Dann kommen die Enten. Sie haben das Knistern der Verpackungen gehört, haben gespürt, dass es da Futter gibt. Kriegen sie aber nicht. Stattdessen erhalten sie einen Vortrag von Dr. Besserwiss. Die Enten hören, dass sie verlernen, sich selbst zu ernähren, wenn sie immer Futter von Fremden annehmen. Gar nicht zu reden von den Verunreinigungen des Sees, in dem das Brot zu Boden sinkt und alles trüb werden lässt.

Leider verstehen die Enten kein Wort. Sie kommen immer näher. Noch näher. Plötzlich ist das Picknick umringt von Enten. Geht es noch? Da hilft nur ein Donnerwetter. Einmal aufstehen, wild mit den Armen fuchteln und in die Hände klatschen. Die Enten beeindruckt das nur mäßig. Sie üben weiter das Antanzen argloser Picknicker. Noch mal fuchteln, noch mal klatschen und einmal richtig brüllen.

Endlich kapiert es das Watschelvieh und trollt sich. Tatsächlich, die Enten haben verstanden. Sie kommen nicht mehr wieder. Ente gut, alles gut. Jetzt aber Picknick. Rotwein genießen, Käsebrötchen verkosten und Weintrauben im Mund explodieren lassen. Ganz große Welt.

Nächste Störung. Eine Wolkenfront schiebt sich heran, verdunkelt den Himmel. Erste Tropfen fallen auf das fürstliche Freiluftmahl. Schnell einpacken, ab ins Trockene? Ach was, wer flieht, ist ein Verlierer. Wir sind doch nicht aus Zucker. Auf dem See zeigt sich, dass der Regen doch heftiger ist, als die Picknicker wahrhaben wollen. Die Tropfen bilden beim Auftreffen auf die Wasseroberfläche Blasen. Höppemötzjer hat meine Mutter die immer genannt. Lustig, aber auch lästig, weil nass.

Bleibt nur die halbe Flucht. Die Picknickbank wird verlassen. Unter einem nahen Baum lockt Schutz. Von dort ist die Bank im Blick. Hauptsache, die Enten nutzen die Abwesenheit nicht aus. Und die Frösche? Was tun die Minifrösche? Ihnen gefällt der Regen. Scheint, als hüpften sie gleich befreiter.

So schnell die Wolken gekommen sind, so schnell sind sie weg. Die Sonne meldet sich zurück und lässt alles wundersam glänzen. Gold vor Schwarz. Großes Kino.

Noch ein Schluck Wein. Und dann Geschichten erzählen. Von der Welt, von Problemen, von schönen Dingen. Je mehr Rotwein, desto höher fliegt die Phantasie. Auf einmal fällt auf, dass der runde Müllbehälter neben der Bank ein bisschen aussieht wie der lustige Androide R2D2 aus „Star Wars“. Er piept nicht, aber er könnte es sein. Hört R2D2 zu, wenn wir reden? Verrückte Welt.

Irgendwann ist der Rotwein leer, künden nur noch Krümmel vom üppigen Mahl. Einer lässt die Krümmel unauffällig unter die Bank rieseln. „Für die Enten“, sagt er und handelt sich einen Rüffel ein. Tut man nicht. Aber aufsammeln will die Krümel auch niemand.

Im Weggehen ist zu sehen, dass die Enten noch sehr wach sind. Sie übernehmen das Saubermachen unter der Bank. Gute Gesellen. R2D2 hilft nicht mit. Wilde Welt.

Da bleibt nur noch ein Abschiedsgruß. Tschüss, ihr Enten, ciao ihr Frösche, à bientôt R2D2. Wir kommen wieder. Wer braucht schon Mallorca, wenn er den Volksgarten hat?