Stadt-Teilchen Es ist voll in Düsseldorf – nur auf der Kasernenstraße nicht

Düsseldorf · Ein Rundgang mit Sinta Clas durch das vorweihnachtliche Düsseldorf – aber nur in Gedanken.

Überall in der Stadt ist es voll. Nur auf der Kasernenstraße (hier der Abriss der Brücke über die Straße am 4. November) ist oft niemand unterwegs.

Foto: Lepke, Sergej (SL)

Oh, wat mooi!“ ruft Sinta Claas beim Anblick der Düsseldorfer Weihnachtsmärkte begeistert. Früh, und damit rechtzeitig eröffnet, denn unsere Nachbarn feiern ihre schöne Bescherung ja zu Nikolaus, die Holländer am 5. die Belgier am 6. Dezember. Da heißt es schneller shoppen. Auf zum grenzenlosen Einkaufsvergnügen ins festlich geschmückte Düsseldorf. Alle Jahre wieder. Oh, wie schön …

Nicht für alle. Denn jetzt wird es wieder eng in der Stadt. Noch enger. Der Budenzauber öffnet nicht nur die Herzen, sondern verstellt Wege. Fußgängerwege. Das bedeutet besonders in den kommenden Wochen viel Nähe und weniger Freiheit in Düsseldorf. Zusammenstoßverkehr programmiert.

In Gedanken mache ich mit Sinta Claas einen virtuellen Vorweihnachtsspaziergang durch die Stadt. Der heilige Mann und sein Gefolge kennen sich seit Jahren gut aus hier. Kommen unsere Nachbarn doch nicht zur Weihnachtszeit, sondern ganzjährig, zur Rheinkirmes, deren Feuerwerk, zum Japanfest, dessen Feuerwerk, zum Kö-Event, und immer wieder gern zum Shoppen.

Wobei ich ja schon lange den Verdacht habe, dass die ihr Outlet-Center in Roermond auch aufgemacht haben, um uns per Bus vom Hauptbahnhof aus dorthin locken, damit sie selbst mehr Platz in Düsseldorf haben. Warum ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, dafür einen grenzüberschreitenden Pendel-Bus einzusetzen?

Sinta Claas findet die Busparkplätze zwischen Rhein und Hofgarten scheinbar besser. Warum? „Stoep!“ brummelt er einsilbig in seinen weißen Bart. Stopp? Nein, Stoep heißt kurz und bündig Fußgängerweg auf holländisch. Aber mit ihren Stoeps hätten die Düsseldorfer offensichtlich ein Problem.

Da muss ich dem heiligen Mann Recht geben. Beispiel: Die Achse vom Hauptbahnhof in die Altstadt, ein klassischer Trampelpfad für Tages-Touristen. Er führt geradewegs vom Konrad-Adenauer-Platz über die Friedrich-Ebert-Straße über den Platz der Deutschen Einheit, die Stein- und Benrather Straße. Ab Carlsplatz sollte es sich dann verteilen. Davor aber staut es sich, am Nadelöhr kurz vorm Carlsplatz, weil da ja unbedingt noch die paar Parkplätze bleiben mussten und vor der Eck-Bäckerei ein Bänkchen, von dem aus man sich das Geknubbel in Ruhe angucken kann. Dabei ist gleich um die Ecke gaaanz viel Platz. Dort kreuzen die Fußgänger-Ströme eine Straße, die zu Recht die Breite heißt und eine weitere, wo der Bürgersteig noch breiter ist: die Kasernenstraße. Doch dort läuft fast nichts und Niemand.

Ich entschuldige mich dafür bei Sinta Claas. Wir wissen das. Schon in den ersten Gesprächen zur U-Bahn-Baustelle Wehrhahn-Linie hätten Anlieger und Altstadtgemeinschaft die Wichtigkeit der Verbindung mit der Kö und überhaupt der Querachsen der (Fußgänger-)Verkehrsführung in der Innenstadt betont und vor „Pfropfenbildung“ gewarnt - nicht nur zur Weihnachtszeit.

Vielleicht haben sich die Düsseldorfer diese Achsen einfach abgewöhnt, waren doch beiden Straßen ein Jahrzehnt gebeutelt von der Baustelle. Eigentlich Zeit genug, das Danach zu planen, meint Sinta Claas. Ja, Planungen gab’s, wozu renommierte und sicher nicht billige Experten herangezogen wurden. Auch Düsseldorfer durften Ideen beisteuern, kostenlos natürlich. Ein Projektkurs des Görres- und Luisen-Gymnasiums hatte spannende Modelle erarbeitet, während sich der Lehrkörper eher um seine Parkplätze auf dem Schulhof sorgte.

Zielsetzungen in blühenden Formulierungen: Stärkung der Nahmobilität und Erhöhung der Aufenthaltsqualität. Papierene Pläne raschelten auf dem Tisch, wurden bei einer öffentlichen Anhörung an die Wand projiziert: zukünftiger Liefer- und Ladeverkehr, abschnittsweises Längsparken, Radverkehrsanlagen, Baumpflanzungen.

Es gab ein zweistufiges Moderationsverfahren, „verkehrsplanerische und stadtgestalterische“ Konzepte, Gespräche mit der IHK, der IG Königsallee und der Altstadtgemeinschaft, eine öffentliche Anhörung im Luisen-Gymnasium mit dem Beschluss einen „projektbegleitenden Arbeitskreis für eine bereichsübergreifende Betrachtung“ zu gründen. Klang schon damals nach Verzögerung und Vergessen.

Anstatt den Bürgern großzügige Gehwege zu Füßen zu legen, entstanden Schildbürgersteige. Flanierqualität? Könnte Sinta Claas besser unterirdisch erleben in unseren kunstvoll gestalteten U-Bahnhöfen. Abschnittweises Längsparken in den ursprünglich dafür vorgesehenen Zonen? Sinta Claas hätte, wie viele auswärtige Besucher, sofort ein Knöllchen am Schlitten.

Bäume? Immer noch nicht gepflanzt. Dafür lauter brachiales Metallgestänge, dessen Zweck sich nicht erschließt. Könnte man jetzt in der Adventszeit vielleicht schmücken? Und dazu noch ein paar Weihnachtsbäume aufstellen? Platz genug wäre ja, sogar alternative Weihnachtsmärkte …