Trauer um Küken: Enten-Rettungsversuch endet tragisch
Schon zu 60 Enten-Einsätzen musste die Feuerwehr in diesem Jahr ausrücken. Aber es gibt sogar auch eine spezielle Hotline.
Düsseldorf. Emma muss weg. WZ-Autorin Inge Hufschlag hat die Ente in dieser Woche auf ihrer Dachterrasse entdeckt. Zwischen dichten Pflanzen, brütend auf zehn Eiern. Zwanzig Zentimeter neben ihr das Geländer und zig Meter Abgrund. „Wenn die Küken schlüpfen, kullern sie ja sofort vom Dach“, sorgt sich die Journalistin. Also muss Emma weg. Mitsamt ihres Geleges.
Die Ente ist Inge Hufschlag erstmals um Ostern aufgefallen. „Da kam sie mit ihrem Mann — offenbar auf Wohnungssuche.“ Und die begrünte Terrasse über den Dächern der Altstadt schien zu gefallen. Als die WZ-Autorin jetzt aus dem Urlaub wiederkam, war es schon geschehen. Beim Ordnungsamt gab man ihr die Nummer der Düsseldorfer Enten-Hotline. „Offensichtlich kommt so etwas in Düsseldorf sehr häufig vor, und niemand weiß so richtig, was zu tun ist“, sagt Inge Hufschlag. In vielen Fällen wählen Menschen einfach den Notruf: Die Feuerwehr rückte allein in diesem Jahr schon zu rund 60 Enten-Einsätzen aus.
Für Hermine Ohler von der Enten-Hotline, die zu Inge Hufschlag kommt, um Emma einzufangen, ist es allein an diesem Tag der vierte Einsatz. Mehrere Entenfamilien hat sie in der City gerettet — wissend, dass wohl nur zwei Prozent der Kleinen überleben werden, wenn sie sie wieder ausgesetzt hat. Düsseldorf ist nicht gerade ein Entenhausen — kaum jemand ahnt, welch Dramen sich in Trubel und Gefahren des Großstadtlebens fürs Federvieh abspielen.
Wohl deshalb hat sich Emma für die Dachterrasse entschieden. „Die Ente braucht zum Legen und Brüten sieben Wochen absolute Ruhe“, erklärt Ohler. „In welcher Düsseldorfer Parkanlage geht das denn?“ Gleichzeitig ist die Zahl der Enten enorm. Hermine Ohler betreibt deshalb Geburtenkontrolle: Sind die Eier gerade erst gelegt, kann sie diese präparieren, so dass keine Küken wachsen. Aber bei Emma ist das Risiko zu hoch. Wie lange genau die braune Dame schon auf ihrem Nest hockt, weiß schließlich niemand.
Also rückt Hermine Ohler der Ente mit etwas Brot und einem Käfig zu Leibe. Viel Aufhebens macht Emma um die Aktion nicht: Ein kurzes Schnattern — schon hockt sie in der Transportbox und macht es sich auf dem Strohbett bequem. Nicht ohne ein kurzes Streicheln von „Vermieterin“ Inge Hufschlag zum Abschied. „Es tut mir schon weh, dass sie jetzt weg ist“, meint sie.
Ende gut, Ente gut? So einfach ist das leider nicht. Denn Enten sind wählerisch mit ihrem Legeplatz. „Sie wollen das Nest nicht dort haben, wo ich es ihnen hinlege“, erklärt die Enten-Expertin Ohler. Im Ausnahmejahr 2010 hätten 15 Enten in ihrer Obhut das Gelege wieder angenommen und ausgebrütet. Im vergangenen Jahr und bisher in diesem Jahr nicht eine. Und so ist es auch bei Emma: Am Tag danach randaliert sie im Käfig wie wild — Hermine Ohler muss sie freilassen. Die ungeschlüpften Küken sterben ab.
„Ich habe in 15 Jahren viele anrührende Geschichten erlebt“, sagt die Tierschützerin. In Rath hat sie einmal eine Entenmutter mit Jungen eingefangen — schon währenddessen riefen zwei Lkw-Fahrer an: Etwa einen Kilometer entfernt wurden eine Ente und eines ihrer Küken überfahren. Die anderen Kinder hüpften verzweifelt in einem Gebüsch herum. Hermine Ohler gelingt es, die flauschige Schar einzufangen. Die zuvor gerettete Mutter ruft nach den kleinen Waisen und adoptiert sie kurzum. „Die zwei kräftigen Kerle daneben haben geweint.“
Inge Hufschlag hofft jetzt, dass Emma zurückkehrt auf ihre Terrasse. Aber ohne Eier am Abgrund zu legen. Einfach mal zu Besuch.