Ulrich von Alemann: „Hochschullehrer war stets mein Traumberuf“
Der Politologe und Prorektor der Uni, Ulrich von Alemann, zieht Bilanz.
Düsseldorf. Der Politologe und Prorektor der Uni, Ulrich von Alemann, zieht im Interview Bilanz.
Herr von Alemann, verlassen Sie die Uni mit Wehmut oder dominiert die Freude auf den Ruhestand?
von Alemann: Ganz hört man als Professor nicht auf, auch ich nicht. Ich bleibe in Verbindung mit der Universität, führe ein Forschungsprojekt über Europa fort, behalte ein Dutzend Doktoranden und einen kleinen Lehrauftrag. Hochschullehrer war stets mein Traumberuf, aber: Das tägliche Joch, die Alltagspflichten, die fallen nun weg. Das ist schön.
Was spielte in Ihrer Düsseldorfer Zeit eine größere Rolle: Ihre Arbeit als Politikwissenschaftler oder als Spitzenfunktionär, also als Dekan oder Prorektor?
von Alemann: Ich habe in den letzten Jahren mehr als Wissenschaftsmanager gewirkt. Da standen ja wahrlich große Aufgaben an: Es ging um den Bologna-Prozess, den ich hier mitinitiiert und begleitet habe, es ging um Einführung und Abwicklung der Studienbeiträge, dann ging es um die Weiterentwicklung der ganzen Universität. So ist es gelungen, circa zehn Millionen Euro Fördergelder für die Exzellenzoffensive zur Qualität der Lehre einzuwerben. Das war alles erfolgreich und hat viel Spaß gemacht.
2008 strebten Sie gar das Rektoramt an, unterlagen aber.
von Alemann: Richtig. Das ist wie in der Politik: Man kandidiert zum Kanzler und wird Vizekanzler. Auch dann kann man einiges erreichen.
1999 warnten Sie vor der Umstellung auf Bachelor und Masters anstelle von Diplom und Magister noch vor einem Dünnbrettstudium. Ist der Bachelor-Studiengang nicht genau das?
von Alemann: Nein, gegen diese Sicht wehre ich mich heute vehement. Das Studium in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist verdichteter geworden, aber nicht schmalspuriger. Es ist so verdichtet, wie es in anderen Fächern, etwa Jura, immer schon war. Wer heute Bachelor und Master erwirbt, hat eine solide Grundlage. Natürlich: Der Bachelor allein ist weniger als früher das Diplom. Aber er ist doch viel besser, als das Studium abzubrechen, was früher ja leider allzu viele Studenten vor dem Examen getan haben.
Sie haben die philosophische Fakultät in Düsseldorf innerhalb der Uni stets stärken wollen — nicht zuletzt gegenüber der mächtigen Medizin. Ist das gelungen?
von Alemann: Unbedingt. Die Philosophische Fakultät ist heute klar stärker als etwa vor 20 Jahren, sie hat mehr Profil. Damals gab es oft nur einen einzigen Lehrstuhl in kleineren Fächern. Die Forschungsbedingungen haben sich enorm verbessert, auch weil wir erfolgreich Drittmittel eingeworben haben. Als die Lehrerausbildung wegbrach, sahen manche schon das Ende der Fakultät heraufziehen. Stattdessen sind wir heute im Wettbewerb der Unis viel besser positioniert.
Einer breiteren Öffentlichkeit sind Sie als Politologe und Parteieinforscher bekannt. Was treibt den Wissenschaftler Ulrich von Alemann derzeit am meisten um?
von Alemann: Natürlich das Thema Europa, nicht nur, weil ich noch den Expertenrat für die NRW-Landesregierung zur Europapolitik leite. Die Schuldenkrise, das Verhältnis nationaler versus europäischer Organe, es ist wirklich eine sehr spannende Zeit. Vergangene Woche haben alle fünf deutschen Verfassungsorgane wegen des Fiskalpaktes miteinander agiert und zum Teil gerungen, das ist einmalig gewesen.
Sie arbeiten für die Landesregierung, man sagt Ihnen eine Nähe zu Rot-Grün nach. Zu recht?
von Alemann: Als Wissenschaftler habe ich aber auch die Regierung Rüttgers beraten und guten Kontakt zu allen Parteien. Als Hochschullehrer und Publizist habe ich immer meine Unabhängigkeit bewahrt. Dann bin ich natürlich auch ein politischer Mensch - und da stehe ich schon der SPD nahe.