Überlebender schildert Amoklauf in Düsseldorf
Ein Koch soll in Düsseldorf und Erkrath drei Menschen ermordet haben. Als Motiv gilt ein „Hass auf Anwälte“.
Düsseldorf. Yanqing T. ist klein, trägt eine Brille und ist sehr höflich. Sobald Richter Rainer Drees etwas sagt, steht der Angeklagte auf und nickt freundlich, bis er aufgefordert wird, sich zu setzen. Doch dieser Mann soll am 28. Februar die Polizei in Atem gehalten haben.
Drei Menschen soll der 48-Jährige in zwei Anwaltskanzleien umgebracht haben. Außerdem werden dem gebürtigen Chinesen mit deutschem Pass mehrere Mordversuche vorgeworfen. Von Düsseldorf über Erkrath bis nach Goch zog sich die blutige Spur.
Seit Donnerstag versucht das Düsseldorfer Landgericht zu klären, wie es zu dem Amoklauf gekommen ist. Zunächst ohne die Unterstützung des Angeklagten. „Ich schweige heute“, waren die einzigen Worte von Yanqing T., der möglicherweise im Verlauf des Prozesses noch aussagen wird.
Alles begann — so Staatsanwalt Christoph Kumpa — am 7. Dezember vor drei Jahren in Goch. Damals arbeitete der Koch in einer Pizzeria und geriet in Streit mit seiner Chefin. Yanqing T. verpasste der Frau eine Ohrfeige, dabei wurde ihr Trommelfell verletzt. Für die Attacke zahlte er eine Geldstrafe.
Doch damit wollte sich der Mann laut Anklage nicht abfinden. Er fühlte sich demnach von Rechtsanwältin Ulrike F. (54) aus einer Düsseldorfer Kanzlei nicht gut vertreten. Stattdessen suchte er eine Kanzlei in Erkrath auf. Als man dort auch nicht helfen konnte, entwickelte der Mann offenbar einen „Hass auf Anwälte“.
Mit einem Revolver, einer Gaspistole, einem Messer und einem Benzinkanister bewaffnet, soll Yanqing T. am 28. Februar gegen 10 Uhr in der Düsseldorfer Kanzlei aufgetaucht sein. Weil die Waffe nicht funktionierte, soll er mit dem Messer auf Ulrike F. losgegangen sein, die sich hinter ihrem Schreibtisch auf den Boden fallenließ. Sie starb an den schweren Kopfverletzungen. Mitten ins Auge traf die Klinge Rechtsanwalt Bernhard L. (54), der seiner Kollegin zu Hilfe eilen wollte. Er starb einen Tag später. Der Koch soll zudem in der Kanzlei mit Benzin Feuer gelegt haben.
Etwa gegen 12 Uhr traf Yanqing T. dann nach Ergebnissen der Ermittlungen in der Erkrather Kanzlei ein. Rechtsanwalt Torsten G., der im Rollstuhl sitzt, schilderte am Donnerstag die dramatischen Minuten. Es habe geklingelt, seine Kollegin, eine 50-jährige Anwaltsgehilfin, habe geöffnet: „Dann fielen drei Schüsse. Ich habe sofort gewusst, wer das ist.“ Denn an den Tagen zuvor hatte Yanqing T. immer wieder angerufen, um sich zu beschweren. Dabei soll er wütend und aufgebracht gewesen sein.
Als er den Chef der Kanzlei nicht finden konnte, soll er Torsten G. in den Bauch geschossen haben. Der 48-Jährige soll dann auch in der Erkrather Kanzlei Feuer gelegt und den Anwalt im brennenden Büro zurückgelassen haben. Der kam mit seinem Rollstuhl nicht an der sterbenden Frau vorbei, die im Eingang lag. „Ich bin ganz nah an die Tür gefahren und habe um Hilfe gerufen.“ Als es schon Schwarz um ihn herum wurde, habe ein Nachbar das Glas an der Tü eingeschlagen und ihn gerettet.
Zwei Stunden später wollte sich der Angeklagte dann offenbar in Goch an seiner Ex-Chefin rächen. Doch auch dort versagte die Waffe. Mit Unterstützung eines Passanten konnte Yanqing T. überwältigt werden.
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