Ungelöst: Wenn die Suche nach dem Täter einfach nicht endet . . .
Seit 15 Jahren ist Debbie Sassen verschwunden. Es ist nicht der einzige Fall ohne Aufklärung: Auch Mordermittler landen manchmal in einer Sackgasse.
Düsseldorf. Fast genau 15 Jahre ist es jetzt her, dass die damals achtjährige Debbie Sassen aus Wersten spurlos verschwand. Jetzt prüfen die Ermittler im Fall des ermordeten Mirco aus Grefrath, ob der Täter auch andere Kinder getötet haben könnte. Und nennen auch den Fall Debbie. Konkrete Hinweise gibt es derzeit nicht. Kaum Hoffnung. Aber die Entwicklung zeigt: Manche Kriminalfälle werden nie vergessen. Selbst wenn sie nicht aufgeklärt werden können.
Das weiß kaum jemand besser als Polizist Dietmar Wixfort, der als Leiter der Ermittlungskommission 13 Jahre nach Debbie suchte. Wie sehr ihn die Ermittlungen bewegten, merkt jeder sofort, der Wixfort nach dem Fall fragt. Wie aus der Pistole geschossen betet er herunter: „Sie verschwand am 13. Februar 1996, wurde um 12 Uhr zuletzt lebend gesehen. Es war ein Dienstag, zwei Tage vor Altweiber.“
Noch Jahre nach dem Verschwinden der damals Achtjährigen ermittelte Wixfort auf Hochtouren. Einmal bekam er einen vagen Hinweis auf einen möglichen Missbrauch in einem Gartengelände nahe der Uni. Eine Woche ließ er Leichenspürhunde und Geologen das Gebiet absuchen, eine Riesenfläche wurde umgegraben. Ohne Erfolg. Und der Ermittler musste es wieder den Eltern sagen: „Für sie war es eine Achterbahn der Gefühle.“
Nach fast 20 Jahren auf der Spur von Mördern in Düsseldorf wechselte Dietmar Wixfort vor anderthalb Jahren ins ruhigere Neuss. Die Schrankwand voller Debbie-Akten ging zur Staatsanwaltschaft — nachdem der Polizist sie nochmals selbst Seite für Seite durchgelesen hatte. Abgesucht hatte auf dieses eine Detail, das ihm vielleicht entgangen war. „Solche Fälle lassen einen nicht los.“ Mit der Familie von Debbie hört Dietmar Wixfort nicht auf zu hoffen, dass der Fall irgendwann eine Lösung bekommt. Ein Ende. Vielleicht ein schlimmes. Hauptsache ein Ende.
Doch selbst wenn die Ermittler bei einem Mordfall einen Tatort und eine Leiche haben, ist die Auflösung des Falles nie sicher. Es gibt in Düsseldorf mysteriöse Fälle aus der jüngeren Vergangenheit, bei denen die Mordkommission vorerst aufgeben musste. Den Tod von Claudia D., die im Januar 2009 in einem Flingeraner Hotel gefunden wurde. Und das Rentnerpaar, dessen Leichen im September 2010 in einer Wohnung an der Kettwiger Straße entdeckt wurden.
Johanna Hoppe (91) und Nikolaos Hatzikostas (86) wurden durch starken Druck auf den Brustkorb getötet. „Diese Verletzungen können sie sich nicht selbst und auch nicht gegenseitig zugefügt haben“, sagt Staatsanwältin Britta Schreiber. Dennoch ermittelt die Polizei schon wenige Monate nach der Tat nicht weiter, die Mordkommission wurde aufgelöst. „Es gab kaum Ermittlungsansätze“, erklärt Schreiber. „Sie hatten fast keine Kontakte, keine Hobbys.“ Und es gab keine Hinweise aus der Bevölkerung: Mit Bildern einer Überwachungskamera suchte die Polizei nach einer Frau, die in Hannover und Griechenland Geld mit einer EC-Karte des toten Paares abgehoben hatte — ohne jeden Erfolg.
Keine Ermittlungsansätze. So geht es auch Schreibers Kollegen Christoph Kumpa. Als die Leiche von Claudia D. vor etwas mehr als zwei Jahren im verschlossenen Hotelzimmer der 47-Jährigen entdeckt wurde, sah alles nach einem unglücklichen Sturz aus. Doch die Rechtsmediziner waren sicher: Die Frau hatte einen Schlag auf den Hals erhalten. Doch nirgends im Zimmer waren Einbruchsspuren, keiner der Hotelangestellten hatten den Täter gesehen. Inzwischen sind alle Vernehmungen und Spurenanalysen abgeschlossen. Im Oktober hatte Kumpa die Akte zuletzt in der Hand — und legte sie auf Wiedervorlage für Oktober 2011. „Es ist natürlich frustrierend. Aber mehr passiert da nicht“, sagt der Staatsanwalt. „Jetzt hoffen wir auf Kommissar Zufall.“
In der Vergangenheit allerdings war es eher „Kommissar technischer Fortschritt“, der den Ermittlern in ausweglosen Situationen noch den entscheidenden Beweis lieferte. Etwa im Mordfall Yuri Röhrig, der nach zehn Jahren gesühnt wurde. Mit neuesten Untersuchungsmethoden hatte die Staatsanwaltschaft alte Asservate analysieren lassen und DNA des Schreiners Marco K. auf der Strickjacke der toten Millionärswitwe nachgewiesen. K. wurde im Dezember verurteilt. Er war allerdings von Anfang an Hauptverdächtiger der Ermittler — ein solcher fehlt bei Claudia D. und dem Rentner-Doppelmord.