Verkehr Verkehr: Wesentlich mehr Verstöße

Ordnungsamt registrierte 2016 mehr Raser, Falschparker und Rotlichtfahrer. Psychologe sieht die Verkehrsmoral schwinden.

Foto: Stefan Arend

Düsseldorf. Das Düsseldorfer Ordnungsamt hat 2016 in der Verkehrsüberwachung wesentlich mehr Verstöße als im Vorjahr geahndet. „Die Fallzahlen sind in allen Bereichen leicht gestiegen“, sagt Michael Zimmermann, Leiter des städtischen Ordnungsamtes.

Und zum Teil sogar deutlich: Bei der automatischen Überwachung von Ampeln an fünf Standorten fielen 6638 Rotlichtfahrer auf, 2015 waren es noch 5601. Das ist eine Zunahme von 15 Prozent.

Auch deutlich mehr Falschparker registrierte das Ordnungsamt. Insgesamt waren es 415 052 Halt- und Parkverstöße (2015: 394 808), 6496 mal waren dadurch Plätze für Behinderte blockiert (2015: 6153). 57 491 Autos standen auf Geh- und Radwegen (2015: 60 394).

Besonders deutlich stiegen die Zahlen beim Parken ohne Parkschein — und zwar von 126 645 auf 161 158. Zimmermann erklärt diese Entwicklung vor allem mit der Ausdehnung der Parkscheinpflicht auf die Abendstunden.

Auch gegen deutlich mehr Raser ging das Ordnungsamt vor. Waren es 2015 noch 184 401, fielen jetzt 206 841 negativ auf. Die meisten Verstöße gab es an der Anlage im Rheinufertunnel — und zwar 78 574 (Vorjahr 71 658). Im Oktober fuhr ein Autofahrer sogar mit 155 Stundenkilometern durch die Röhre, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit liegt bei 70. Auf der A 44 waren 29 746 Autofahrer zu schnell (2015: 25 737). Höchster gemessener Wert bei erlaubten 100 Stundenkilometern: 214 km/h.

Neu ist seit September die Kontrolle von Tempo 80 vor der Baustelle auf der A 46 in Richtung Neuss. In vier Monaten kam es zu 18 170 Geschwindigkeitsübertretungen, die extremste lag bei 162 km/h. Einen leichten Blitz-Rückgang verkündet das Ordnungsamt für die sieben weiteren Starenkästen in der Stadt. Die Zahl der Raser ging von 30 814 auf 28 897 zurück. An mobilen Radarfallen an 650 Standorten wurden 52 221 Verkehrssünder ertappt (2015: 56 192).

Die Stadt geht davon aus, dass sich die Summe der Geldbußen für 2016 auf rund 15,75 Millionen Euro belaufen wird (2015: 14,3 Millionen Euro). Das sind zehn Prozent mehr.

Für den Düsseldorfer Umweltpsychologen Kai Lenßen ist diese Entwicklung kein Zufall. Aus seiner Sicht lässt die Verkehrsmoral zusehends nach. Ein Grund: „Die Verkehrsdichte wird immer höher, es gibt viele Staus, da versuchen viele, die verlorene Zeit wieder gut zu machen.“

Hinzu komme, dass die hohe Verkehrsdichte dazu führe, dass der Stresspegel bei Autofahrern steige, da nicht mehr alle Informationen verarbeitet werden könnten. „Es ist ein altes Verhaltensmuster des Gehirns, fast schon ein biologischer Prozess, eine Überlebensstrategie, dass wir dann egoistischer werden. Uns geht es dann nur noch darum, ans Ziel zu kommen.“ Gleichzeitig würde dann vielfach verdrängt, dass man etwas falsch mache und über die Stränge schlage.

Für Lenßen kommt noch ein weiterer Faktor hinzu. „Viele Menschen regulieren ihre Emotionen, ihre Unzufriedenheit durch ihr Verhalten im Straßenverkehr.“ Einfach gesagt: Da wird Frust rausgelassen. Tipp von Lenßen: „Sich das eigene Verhalten bewusstmachen, dass es Spiegel der eigenen Verfassung und der äußeren Bedingungen ist. Und: Öfter mal Rad oder Bahn statt Auto fahren.“