Frau Pusch, beginnen wir mit der Prävention. Klar, das beste Mittel gegen einen Kater ist: nichts zu trinken. Falls aber doch: Hilft es, kurz vorher bestimmte Dinge zu essen, manche behaupten ja Kohlenhydrate oder besonders fettig? Ist da was dran?
Silvester Düsseldorfer Ernährungsberaterin erklärt, was gegen den Neujahrs-Kater hilft
Düsseldorf · Die Düsseldorfer Ernährungsberaterin Franziska Pusch räumt mit einigen alten Mythen auf: Etwa der fettigen Grundlage, dem Trink-Training oder dem Konter-Bier.
Das neue Jahr beginnt ja oft mit Kopfschmerzen. Der Kater nach der Silvesterfeierei ist ja fast eine Art vorübergehende Volkskrankheit. Doch was hat es eigentlich genau auf sich mit diesem Phänomen und wie kann man ihm vielleicht sogar beikommen? Wir haben die Düsseldorfer Ernährungswissenschaftlerin und Ernährungsberaterin Franziska Pusch (29) gefragt, die ihre Praxis an der Adersstraße 64 hat und zudem als Ernährungstherapeutin in der Tagesklinik für Suchtkranke der Diakonie in Flingern arbeitet.
Franziska Pusch: Nicht wirklich. Flüssigkeit findet im Magen einen Weg an der festen Nahrung vorbei. Der Verzehr einer Schweinshaxe, die deutlich länger im Magen verbleibt als etwa Obst, führt höchstens dazu, dass der Alkohol später ins Blut gelangt. Dennoch ist es nicht gut, auf nüchternen Magen zu trinken.
Manche glauben ja, es helfe gegen den Kater, den Alkoholkonsum an Tagen vor einer Party schon mal in kleinen Mengen zu trainieren oder nachmittags bereits ein Bierchen zu trinken.
Pusch: Das soll natürlich keine Empfehlung sein, aber da ist schon etwas dran. Bei hohem, regelmäßigem Alkoholkonsum geht der Körper einen zweiten Weg des Alkoholabbaus, deswegen können Vieltrinker Alkohol besser abbauen. Der Körper gewöhnt sich sozusagen an die regelmäßige Giftmenge und entwickelt einen Mechanismus, damit besser klar zu kommen. Aber diese zweite Methode des Abbaus schädigt nicht mehr nur die Leber, sondern setzt auch freie Radikale und Giftstoffe frei, die zum Beispiel die Entstehung von Krebs begünstigen. Kurzum: Es gibt keinen risikofreien Alkoholkonsum.
Was ist von dem Spruch zu halten, „Wein auf Bier, das rat ich dir. Bier auf Wein, lass das sein“?
Pusch: Es gibt tatsächlich eine Studie der Uni Cambridge, wo Probanden zunächst Bier und dann Wein, eine andere Gruppe Wein und dann Bier, manche auch nur Wein oder nur Bier zu trinken bekamen. Es stellte sich heraus: Alle waren gleich verkatert. Es gibt da wohl nur individuelle Unterschiede. Zumal der Spruch vor allem auf eine soziologische Komponente zurückgeht, da Wein etwas für die reichen Leute war, und Bier für die armen. Deshalb die Empfehlung, nicht mehr zum Bier zurückzukehren, wenn man es einmal zum Wein geschafft hat.
Was wirkt stärker, warmer oder kalter Alkohol?
Pusch: Eindeutig warmer. Auch auf Alkohol mit Kohlensäure, etwa Sekt, trifft das zu, da auch durch ihn die Gefäße erweitert werden. Der Alkohol gelangt also schneller ins Blut. Beim Glühwein kommt noch eine beschleunigende Komponente hinzu: der Zucker. Deshalb wirken auch Misch-Getränke mit Säften schnell. Auf den Kater hat das am Ende jedoch keinen Einfluss. Höchstens insofern, dass süße Getränke, Stichwort Alkopop, oft in größeren Mengen konsumiert werden, da der Alkoholgeschmack überdeckt wird. Wer deshalb mehr trinkt, hat natürlich auch einen stärkeren Kater.
Gibt es generell eine Form des Alkohols, die besser verträglich ist als eine andere? Ich habe etwa das Gefühl, von Bier mehr Kopfschmerzen zu bekommen als von Weißwein.
Pusch: Ich bekomme zum Beispiel von Rotwein sehr schnell Kopfschmerzen. Das hat damit zu tun, dass in ihm noch viele weitere Stoffe neben dem Alkohol enthalten sind, die Kopfschmerzen verursachen können: Geschmacksstoffe, Tannine, Polyphenole. Deshalb ist klarer Alkohol vielleicht doch ein wenig verträglicher.
Es heißt ja, man soll parallel viel Wasser trinken, stimmt‘s und warum ist das so?
Pusch: Durch Alkohol geht dem Körper Flüssigkeit verloren, er dehydriert und eine Art chaotischer Zustand im Gehirn sorgt hormonell bedingt dafür, dass wir öfter auf die Toilette müssen. Da ist es gut, wenn dieser Flüssigkeitsverlust, der die Kater-Symptome neben dem Abbauprozess auslöst, ausgeglichen wird.
Hilft es, während des Alkoholtrinkens salzig zu essen, Salzstangen oder Chips etwa?
Pusch: Durch den Verlust von Flüssigkeit verlieren wir auch wichtige Mineralstoffe, unter anderem Natriumchlorid. Da kann der Verzehr von Salz helfen, aber nur wenn wirklich auch viel Wasser getrunken wird, sonst wird der Prozess des Austrocknens noch verstärkt.
Was tun vor dem Schlafengehen? Hilft eine Aspirin? Eine Magnesium-Tablette? Noch eine Pizza essen?
Pusch: Letzteres wird die Leber nicht toll finden, jedoch fühlt man sich subjektiv oft besser wenn nachts noch etwas gegessen wird. Die Verstoffwechslung von Nahrung und der Fettabbau finden ja auch in der Leber statt. Wer regelmäßig trinkt, hat es deshalb auch schwerer abzunehmen. Auch von Aspririn halte ich nichts, denn es kann die Blutgerinnung hemmen und den meist sowieso bereits empfindlichen Magen reizen. Ich würde empfehlen, lange zu schlafen, Wasser zu trinken und und eventuell eine Mineralstofftablette zu nehmen, auch wenn das wissenschaftlich gesehen ebenso ungesichert ist. Es gibt einfach kein Allheilmittel gegen einen Kater.
Was kann man sich am nächsten Tag Gutes tun?
Pusch: Ruhe gönnen und ein Spaziergang an der frischen Luft hilft dem subjektiven Wohlbefinden, auch weil der Kreislauf angeregt wird. Das ist besser als auf dem Sofa liegenzubleiben.
Gibt es einen Ernährungstipp?
Pusch: Eine Banane bietet viel Kalium und Magnesium, was den Mineralstoffhaushalt auffüllt, sie bringt schnelle Energie und beinhaltet wenig Säure, was den Magen belasten würde. Außerdem ist eher leichte Nahrung zu empfehlen, gekochte Kartoffeln mit Quark beispielsweise.
Was halten Sie vom sagenumwobenen Konterbier?
Pusch: Nichts. Es verlegt den Kater zwar nach hinten und sorgt kurzfristig für ein besseres Wohlbefinden, aber die Leber wird noch einmal zusätzlich belastet und kann ihren wichtigen Aufgaben etwa auch für das Immunsystem nicht gerecht werden, was eine Infektanfälligkeit zufolge haben kann. Und: Je mehr Alkohol ich trinke, desto höher die Suchtgefahr, selbst wenn für sie natürlich noch andere Ursachen ausschlaggebend sind, neben psychologischen auch die allgemein hohe Akzeptanz von Alkohol in der Gesellschaft.