Ukraine-Hilfe Die Lebensmittel werden knapp
Düsseldorf · Seit April gibt es die Hilfsstelle für Menschen aus der Ukraine. Der Andrang ist immer noch groß, während die Spenden nachlassen.
Das Chaos gibt es jetzt nur noch hinter den Kulissen. Und selbst da auch nur als Arbeitsplatzbezeichnung: Hinter blickdichten Absperrungen gibt es bei Düsselshare in der zweiten Etage des ehemaligen Kaufhofs am Wehrhahn jetzt die sogenannte Chaos-Ecke. Dort kommen alle Kartons mit Spenden an und werden zunächst grob vorsortiert und dann an weiteren Stationen immer feiner geordnet. Eine andere Arbeitsgruppe kümmert sich darum, Kleidungsstücke sortiert nach Größen, Geschlecht und Alter auf Rollständer zu hängen.
Immer dienstags bis samstags öffnet dann auch der vordere Bereich für die Geflüchteten aus der Ukraine. Hier hat sich einiges im Ablauf geändert, seit der Eröffnung am 1. April. Gruppen von rund 50 Menschen können auf einmal hoch in die zweite Etage. Dort helfen Absperrungen dabei, sich an der Station einzureihen, wo Bedarf besteht. Beispielsweise dürfen zehn Frauen sich fünf Minuten lang in der Ecke für Frauenkleider umschauen und jeweils fünf Kleidungsstücke aussuchen. Danach ist die nächste Gruppe dran.
Neben Kleidung gibt es Hygieneartikel und Lebensmittel, Babybedarf und Spielzeug. Manches wird von Konzernen gespendet, vieles sind Privatspenden. „Bei den Lebensmitteln müssen wir tatsächlich dazukaufen“, erzählt Karin Jungjohann, Geschäftsführerin des gemeinnützigen Unternehmens „Hilfe bei der sprachlichen Integration“ (Hispi), die das Angebot gemeinsam mit der Stadt organisiert. Jeden Tag stehen zwei Paletten mit Grundnahrungsmitteln bereit. Wenn die leer sind, gibt es nichts mehr.
Bis Ende des Jahres wird die Stadt Düsselshare mit voraussichtlich 538 652 Euro finanzieren. Die höchsten Kostenpunkte sind dabei der Sicherheitsdienst mit prognostizierten 450 000 Euro und Mietnebenkosten wie Strom oder Wasser von 128 520 Euro. Rund 2000 Menschen kommen immer noch jede Woche zu dem Hilfsangebot. „Wir hoffen, dass es etwas abnehmen wird, wenn jetzt die Unterstützung vom Jobcenter kommt“, sagt Jungjohann.
Man merke jedoch, dass die Spendenbereitschaft zurückgehe. „Kleidung für Frauen brauchen wir aktuell tatsächlich nicht mehr unbedingt“, sagt Jungjohann. Stattdessen sind besonders Hygiene- und Babybedarf sowie die Lebensmittelnachfrage hoch. Unter facebook.com/hispidaslernhaus werden weiterhin die Sachen aufgelistet, die benötigt werden. Karin Jungjohann bittet potenzielle Spender allerdings darum, sich an die Abgabezeiten zu halten. „Wir haben auch schon Kartons einfach so vor der Tür gefunden.“
Seit Mai wird außerdem der Besuch von Düsselshare über eine App geregelt. Ein verschlüsselter QR-Code muss bei jedem Besuch eingescannt werden. So wird klargestellt, dass alle Nutzerinnen und Nutzer maximal zweimal pro Woche vorbeikommen. Dass sich jeden Tag teilweise schon weit vor 14 Uhr Schlangen vor der Tür bilden, könne man kaum verhindern, sagt Karin Jungjohann. „Die Menschen entscheiden sich selbst dafür, wir können dagegen aber nichts tun.“ Schwangere und Ältere oder Familien mit Kindern stehen in einer zweiten Schlange an – und kommen so etwas eher dran.
Auch bei den Helferinnen und Helfern hat sich einiges geändert. Täglich sind rund 40 im Einsatz; etwa 100 Aktive gibt es. Waren es zuvor vor allem viele Deutsche, wurde das Team immer internationaler. Mittlerweile gibt es viele Ukrainerinnen und Ukrainer, die hier mithelfen. Kira ist 16, floh mit ihren Eltern vor dem Krieg, geht inzwischen hier zur Berufsschule und hilft regelmäßig im ehemaligen Kaufhof aus. Manvel dagegen lebt schon seit einigen Jahren in Deutschland. Er ist aus Armenien hierher gekommen und hat zwei Jahre lang bei Hispi Deutsch gelernt. Mit seinen Russischkenntnissen kann er bei Übersetzungen helfen und packt auch sonst seit dem ersten Tag mit an. Schaut man sich um, entdeckt man viele bekannte Gesichter aus den ersten Tagen der Eröffnung von Düsselshare.
Auch Unternehmen entdecken das Unterstützungsangebot für ihre „social responsibility days“ – Aktionstage für soziale Verantwortung – und verbringen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Tag bei der Ukrainehilfe. Einige spenden oder helfen auch darüber hinaus weiter. Eine Mithilfe verpflichtet übrigens zu nichts – man kann genauso ein einziges Mal mit anpacken, wie auch immer wieder kommen.
Zuletzt gab es erstmals ein Job-Speed-Dating. Fünf lokale Unternehmen sprachen mit rund 220 Arbeitsuchenden aus der Ukraine und beantworteten vielen Fragen. Eine zweite Runde soll es am 9. Juli geben.
Am 15. Juli geht es dann für Düsselshare aber erst einmal in die Sommerpause. Am 16. Juli soll noch umgebaut werden; ein neuer Aufbau soll alles noch übersichtlicher und nutzerfreundlicher machen – sowohl für die Helfenden als auch für die Hilfesuchenden. Auch dafür sucht Düsselshare noch Unterstützer. Genau wie für die regulären Öffnungstage können Helfende einfach vorbeikommen. Am 10. August wird es dann weitergehen.