Wenn Immendorff einen Baum stiebitzt

Benjamin Katz, der große Porträtist der Kunstszene, erhält eine Ausstellung in der obersten Etage der Bundesbank.

Für Normalbürger ist die Hauptverwaltung NRW der Deutschen Bundesbank an der Berliner Allee 14 nur dazu da, um alte D-Mark-Scheine und Pfennige umzutauschen. Einmal im Jahr dürfen sie allerdings den schwarzen Kasten betreten, um eine Ausstellung zu besuchen. Derzeit sind die fotografischen Eskapaden von Benjamin Katz zu bewundern, dem Freund der Künstler. Katz war noch gar nicht volljährig, als er dem Zero-Künstler Otto Piene die Taschenlampe hielt, um dessen Raster-Kuben zu beleuchten. Wenige Wochen vor Pienes Tod entstand gleichsam ein Abschiedsbild. Es hängt nun in der Mitte der Ausstellung auf der achten Etage und blickt aus überaus sympathischen Augen die Betrachter an.

Gerhard Richter, knieend vor seinem Bild „Die Kerze“...

Benjamin Katz, der lange Mann mit der markanten Nase im schmalen Gesicht, ist inzwischen 78 Jahre alt und trägt noch immer die Kamera als steten Begleiter mit sich, um gleichsam aus der Hüfte heraus ein Bild zu schießen, das punktgenau den Kern des Künstlers trifft. So hängen sie nun im Geldinstitut nebeneinander, Sigmar Polke im Stechschritt, für den er mehrmals Anlauf nahm, um gut ins Bild zu kommen, mitsamt seinen weißen Söckchen.

...und als Schalk, der den Fotografen anguckt.

Der Fotograf ließ Jörg Immendorff im Atelier vor seinem Werk „Schwarzes Schaf“ mit einer Pappe hin und her laufen. Die Pappe war das Modell jenes Baumes, den der Maler von einem Bild des Caspar David Friedrich abgenommen hatte, um daraus sein eigenes Werk zu machen. Nun wirkt der Künstler, als ob er von dem Pappbaum zerschnitten wird.

Foto: Benjamin Katz

Die beiden Malerfürsten, Georg Baselitz und Markus Lüpertz rauschen in der Galerie Art & Projekt in Amsterdam in ihren langen, dunklen Mänteln aneinander vorbei, als würden sie einander nicht kennen. Auf einem anderen Bild will sich Baselitz die Hände nicht schmutzig machen und behält daher den Gummihandschuh einfach an, mitsamt der Farbe.

Natürlich fehlt auch Gerhard Richter nicht. Ihn begleitet der Fotograf seit mehr als 50 Jahren. Köstlich, wie Richter auf die Knie geht, um eines seiner berühmten Kerzenbilder zu malen. Wie ein Schalk konnte der Maler aber auch in die Kamera gucken, gleichsam aus zwei Augenwinkeln heraus.

Cindy Sherman, die Scheue, die sich stets im Maskenspiel wiederfindet, lässt ihr Gesicht ausnahmsweise unverhüllt in einem überaus sensiblen Porträt festhalten. „Ich habe sie ans Fenster gebeten für das Licht. Ich musste die dunkle Partie kräftig abwedeln, was sehr mühsam war“, erklärt der Fan der analogen Kamera.

Zur Aufnahme von Blinky Palermo kurz vor seinem Tod erklärt Katz: „Es war im Februar 1977. Eine Woche später hat er sich verabschiedet. Wir haben noch über das Sterben gesprochen. Er hatte Medikamente gegen seine Sucht genommen, die ihm nicht bekommen sind.“