Düsseldorf Wertvolles Kunstwerk entdeckt: Ruff-Porträt hängt auf Kellertür

Wert des Bildes wurde über Jahre nicht erkannt. Nun ist die Überraschung groß — bei den Bewohnern, der Vermieterin und beim Künstler.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Abzüge des Motivs hängen in Museen wie dem Centre Pompidou in Paris — und auf einer Kellertür in Unterbilk. Eine seltene Fotografie des berühmten Düsseldorfer Künstlers Thomas Ruff ist jetzt an diesem ungewöhnlichen Ort aufgetaucht.

Foto: Meister

Ruff studierte mit Andreas Gursky und Thomas Struth in der legendären Klasse von Hilla und Bernd Becher an der Kunstakademie. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit großformatigen Porträts. Eines von ihnen war nun einem Mieter an der Düsselstraße im Untergeschoss aufgefallen, er gab der WZ einen Hinweis. Beim Ortsbesuch stellt sich raus: Tatsächlich prangt da auf einer ramponierten Eisentür ein großes Porträt, das verdächtig nach einem Werk von Ruff aussieht. Zu sehen ist hinter Plexiglas eine junge Frau im Profil.

Also Nachfrage beim Künstler. „Hoppla“, schreibt er nach Ansicht eines Fotos vollkommen überrascht per E-Mail zurück. Er erklärt, dass es sich um einen Abzug des Porträts von Christine Bernhard handelt. Die Fotografie aus den 80er Jahren ist Teil einer Serie, für die er Mitstudenten ablichtete. Ruff sagt, dass er später zwar einige Jahre bis 2001 in dem Haus an der Düsselstraße gelebt habe, „aber wie das Bild auf die Tür kommt, ist mir ein Rätsel“. Er spekuliert, dass er beim Auszug vielleicht einen Abzug übersehen hat. „Den hat dann jemand zurecht gesägt, damit er auf die Tür passt.“

Und noch aus einem anderen Grund ist das Bild leider nicht in allerbestem Zustand. Mitten durch die Tür und damit durch den Hals der jungen Frau hat jemand ein kleines, kreisrundes Loch gebohrt. Die Fotografie wurde zudem einfach auf die Tür geschraubt, eine Schraube sitzt mitten im Bild.

Welchen Wert es eigentlich hätte, wird durch die Erklärungen von Thomas Rieger von der Galerie Konrad Fischer deutlich. „Von diesem Motiv hat Ruff nur drei oder vier große Exemplare abgezogen, das kleine Format ist deutlich häufiger.“ Ein kleines hängt etwa im Centre Pompidou, im Unterbilker Keller allerdings sogar das große. „Und das wurde zuletzt — natürlich in gutem Zustand — mit 60 000 Euro gehandelt. Da die Edition ausverkauft ist, kann der Preis bei einer Auktion auch noch höher liegen“, sagt Rieger. Auweia.

Aber wie ist das Bild nun auf die Tür gekommen? Anruf bei Vermieterin Christiane Bischofs. „Ich kenne das Bild, aber ich hatte keine Ahnung, dass es einen künstlerischen Wert hat, geschweige denn, dass es von Thomas Ruff ist.“ Und es sei schon da gewesen, als sie das Objekt vor einigen Jahren gekauft habe.

Ein Mieter kann immerhin erklären, wie das Loch in das Werk kam. „Da wurde vor einigen Jahren mal ein Riegelschloss eingebaut, das mittlerweile wieder entfernt wurde.“

Loch hin oder her, immerhin hängt da ein echter Ruff im Keller. Und dem Künstler gehört das Bild auch noch, wie Vermieterin und Anwältin Bischofs erklärt. Erst nach 30 Jahren würde das Kunstwerk durch „Ersitzung“ wie der juristische Fachbegriff heißt auf den Eigentümer des Hauses übergehen.

Ruff hat allerdings kein Interesse mehr an dem Bild. Er fragt zurück: „Wollten Sie einen kaputten Fernseher wiederhaben, den sie beim Auszug vor 13 Jahren im Keller vergessen haben?“ Jedoch: Wer weiß schon, welchen Preis dieses Bild angesichts der Verrücktheiten des Kunstmarkts bei einer Auktion erzielen würde? Die Mieter haben sowieso einen völlig anderen Blick auf ihr Privatkunstwerk. Einer sagt: „Ich finde es großartig, dieses Bild mit seinen Macken erzählt doch erst recht eine Geschichte.“ Und Ruffs hartes Urteil ist letztlich eine gute Nachricht für die Bewohner: Denn das Bild bleibt ihnen erhalten. Ein Kunstschatz von mindestens hohem ideellen Wert.