„Wir leben Lessing ja schon seit Jahrhunderten“

Die mobile Inszenierung „Nathan to go“ war beim Islamischen Kulturzentrum und dem Kreis Düsseldorfer Muslime zu Gast.

Foto: Judith Michaelis

„Es ist eine Ehre für uns, dass das Schauspielhaus mit uns zusammen arbeiten will“, sagte Erdin Kadunic (43) aufrichtig erfreut. „Wir tun, was in unserer Macht steht, um Begegnungen zu ermöglichen und den Austausch zu fördern. Denn miteinander zu reden ist immer besser als übereinander.“

Der Vorstandsvorsitzende des Islamischen Kulturzentrums Düsseldorf (bosnisch-herzegowinische Gemeinde) schlüpfte Seite an Seite mit dem KDDM (Kreis der Düsseldorfer Muslime), zu dessen Verbund die Bosnier gehören, in die Rolle des Gastgebers für „Nathan to go“. Das mobile Theaterstück wurde im Eventcenter Benrath aufgeführt. Als dritte Premiere wurde die zweieinviertelstündige Inszenierung Robert Lehnigers vor gut 150 Zuschauern gezeigt.

Die meisten von ihnen sind Muslime. „Mein Arbeitskollege ist auch gleich hier, er ist Christ“, sagte Hajrudin Kadric (39), der mit Ehefrau Nadija, zwei Nichten und einem Neffen sowie deren Eltern den Theaterabend genießen wollte. „Wir interessieren uns dafür, wie es in anderen Religionen so ist“, sagte die 13 Jahre alte Selma, und Amina (11) und der achtjährige Semih stimmen zu.

„Wir ,leben’ Lessing ja schon seit Jahrhunderten“, kommentierte der bosnisch-stämmige Kadunic das Stück. Vor 17 Jahren nahm er die deutsche Staatsangehörigkeit an. Seine Botschaft: „Unsere Kriegsvergangenheit zeigt, wie sich gegnerische Parteien entzweien und nie mehr begegnen wollten. Wir wollen jedoch das Gegenteil erreichen. Wünschen uns, dass Menschen sich austauschen und Ressentiments relativieren.“

Lessings aufklärerische und tolerante Haltung sei damals revolutionär gewesen und heute immer noch topaktuell. Der 43-Jährige will sich als Kulturbotschafter einbringen, er wehrt sich dagegen, als Muslim immer nur Thema „innenministerischer Sicherheitsfragen“ zu sein. „Düsseldorf ist eine friedliche Stadt“, sagte er und muss es wissen, denn er ist in Berlin aufgewachsen.

Von Friedlichkeit spricht auch KDDM-Vorstandsvorsitzender Dalinc Dereköy (39). „Mit der jüdischen Gemeinde sind wir schon seit 2012/13 in gutem Kontakt, wir pflegen vereinzelt persönliche Freundschaften“, sagte er. Sein Beispiel für den Zusammenhalt Andersgläubiger: „Im Schulterschluss mit der jüdischen Gemeinde standen Muslime vor der marokkanischen Moschee, als damals die Degida vorbeizog.“ Etwas so Kostbares zu wahren sei eine große Herausforderung. Islamophobie und Antisemitismus gebe es natürlich auch. „Aber das zarte Pflänzchen gemeinsamer Werte soll ein starker Baum werden.“