Schmela-Haus Galeristen-Familie zieht in Mehrgenerationenhaus
Hans Mayer (80) arbeitet künftig zusammen mit seinem Sohn Max (36) im Schmela-Haus. Die Kunstsammlung hat das ermöglicht.
Vor neun Jahren war Düsseldorf auf den Beinen, als abends die Sounds von Kraftwerk über den Grabbeplatz donnerten. Man brauchte nicht einmal eine Eintrittskarte. Andreas Gursky, Imi Knoebel und Kollegen trugen Pappbrillen auf der Nase, um den Lichteffekten zu folgen. Es war eine Hauptversammlung der Kunstszene auf den Stufen der Kunsthalle. Denn die Galerie Hans Mayer platzte am Eröffnungsabend ihrer neuen Räume aus allen Nähten. Spätabends fuhr Helge Achenbach in einer schwarzen Limousine vor und erwarb in einem nur wenige Minuten dauernden Verkaufsgespräch ein kapitales Uecker-Nagelbild, das später im Betrugs-Prozess um den Kunsthändler Schlagzeilen machte. Hans Mayer, heute 80, hatte wieder einmal bewiesen, dass er nicht nur der Vernissagenmeister ist, sondern zu den tonangebenden Galeristen in Deutschland und international zählt.
Jetzt schreibt er, wenn auch viel stiller, die Legende fort. Neun Jahre später hat er die spektakulären Räume verlassen und ist gemeinsam mit der Galerie seines Sohnes Max (bisher Worringer Straße) in das legendäre Schmela-Haus gezogen. Zwei Galerien unter einem (recht kleinen) Dach – an einem legendären Ort für Düsseldorf und die Entwicklung der legendären Kunststandorte im Rheinland.
Die Mayers setzen sich kleiner. „Aber feiner“, sagt Marie Mayer (33), die Kunsthistorikerin ist und seit 2011 Vaters Galerie managt. Die Zeiten haben sich geändert, der Kunstmarkt gewichtet um – nicht alleine wegen der Corona-Einschränkungen. „So teuer, wie die Kunst heute oft ist, kann man sie sich selbst als Galerist nicht mehr leisten“, sagt Hans Mayer. Wenige Global Player vielleicht, die auch alle internationalen Messen und Märkte bespielen, wenn sie denn wieder stattfinden. Doch Galeristen, wie Mayer & Mayer es sind, entdecken alte Tugenden neu. „Das Rheinland steht wieder gut da“, so Max Mayer, „die Regionen werden gestärkt aus der Krise herauskommen“. Freilich gibt es einige Galerien, die infolge der angespannten Lage schließen mussten. Mayer junior empfindet es als „Wahnsinnschance“, in dem neu angemieteten Haus, in der Kombination von zwei unterschiedlich ausgerichteten Galerien, den Veränderungen des Kunstmarktes zu entsprechen. „Kunst wird wieder in der Galerie verkauft.“ Davon ist er überzeugt. Man müsse nicht mehr wie in der Vergangenheit auf allen großen internationalen Messen einen Stand haben. Messen hätten eine viel zu starke Deutungshoheit für den Markt gewonnen.
Zur Eröffnung im Rahmen der DC-Open bietet Hans Mayer eines seiner programmatischen Schwergewichte an: Nam June Paiks monumentale Columbus-Skulptur („Eco-Lumbus“) aus einer wichtigen spanischen Sammlung, zu diesem Schlüsselwerk des 2006 gestorbenen Künstlers hat er im Obergeschoss eine Vitrine der Dokumentation von Paiks Zeit in Düsseldorf aufgestellt, flankiert von sogenannten TV-Zeichnungen. Ganz unten bei Max Mayer, mit der spektakulären Draufsicht, die Architekt van Eyck kalkuliert hat, begegnen wir einem fernen Verwandten von Paik, dem Japaner Ei Arakawa (geboren 1977), bekannt für seine performativen und multimedialen Arbeiten. Er malt mit LED-Licht, setzt Münzenbilder in runde Rahmen, lässt sie kaleidoskopartig zerbrechen und wieder aufblinken.
Das Gebäude fristete
lange ein Schattendasein
Er hat transparente Wände aufgebaut, vielleicht wegen Corona, jedenfalls, um das Sehen und Bewegen zu leiten. Arakawa arbeitet vor Ort – darin sieht Max Mayer die Zukunft. Künstler in die Galerie einzuladen, Entstehungsgeschichten möglich zu machen statt kostspielige Übersee-Kisten zu organisieren. Für die Dauer der Ausstellung will Max Mayer Impulse setzen und Formate entwickeln, um Kunst mit ihren Adressaten zusammenzubringen.
In der Vergangenheit hatte das Gebäude nach dem Auszug seines legendären Erstbesitzers Alfred Schmela ein Schattendasein gefristet. Die Veranstaltungen, die unter Ackermanns Direktion dort liefen, erwiesen sich als wenig populär, die Miete, die die Kunstsammlung an den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) monatlich überweisen musste, war ansehnlich. Vor drei Jahren erbte Susanne Gaensheimer diesen „Klotz am Bein“ als dritte, aber tote Spielstätte. Die neue Direktorin der Kunstsammlung begann fieberhaft zu überlegen, was daraus werden könnte. Die zündende Idee entsprang mehreren Impulsen: Ihrer Liebe zum Kunststandort Düsseldorf und zum Rheinland. Dann ihrem Respekt vor der Leistung Hans Mayers, der seit 55 Jahren ein Licht des internationalen Kunstbetriebs und Mitbegründer der heutigen Art Cologne ist. Zudem ist Gaensheimer Architekturfan und hat nun diese vergammelnde Ikone ihrem ursprünglichen Zweck wieder zugeführt. Die Realisierung dieser Miet-Idee, so sagt sie, hat der BLB mit aufwendigen Renovierungsarbeiten befördert.
In der nächsten Woche wird das Mehrgenerationen-Galeriehaus von Familie Mayer eröffnet, und jeder, der kommt, wird erleben, dass Hans Mayer nicht alleine ist mit seinem untrüglichen Instinkt, seinem Näschen für gute Kunst. Der Sohn hat’s geerbt, die Tochter auch. Im Hintergrund agiert seit Jahrzehnten professionell Ehefrau Stephanie. Mayer & Mayer – das ist ein Gesamtkunstwerk.