Bahnverkehr eingestellt Genervte Reisende und unermüdliche Helfer - Sturm „Eberhard“ in NRW
Dortmund · Gestrandet am Bahnhof: Für Tausende Bahnreisende ging am Sonntag wegen Sturm „Eberhard“ in NRW nichts mehr. Viele waren genervt - andere suchten kurzerhand nach kreativen Lösungen.
Ratlose Blicke, das Handy am Ohr, der Blick geht zur großen Anzeigentafel. Überall an den großen Bahnhöfen in NRW das gleiche Bild: Gestrandete Reisende suchen nach Informationen, wie sie trotz des Sturmtiefs „Eberhard“ noch an ihr Ziel kommen können. Am Dortmunder Hauptbahnhof reichte die Schlangen vor den beiden Infoschaltern fast durch die ganze Halle. Weil zu viele Bäume auf den Schienen lagen und ein Stromausfall das wichtige Stellwerk in Essen lahmlegte, hatte die Bahn den Zugverkehr im größten deutschen Bundesland gestoppt. Komplett. Auf unbestimmte Zeit.
„Ich hab absolut keine Idee, wie ich pünktlich nach Hause kommen soll“, sagte Friedericke Neubauer in Dortmund.
Während die Reisenden von dem Sturm und seinen Folgen vor allem genervt waren, hatten Feuerwehrleute und Polizisten alle Hände voll zu tun, die schlimmsten Folgen in den Griff zu bekommen. Bäume waren gegen Häuser gestürzt, hatten Stromleitungen heruntergerissen und waren auf geparkte Autos geprallt. Der Sturm deckte Dächer ab, ließ Gerüste einstürzen und knickte Verkehrsampeln um.
Auch auf den Straßen ging es oft nur noch schleppend voran. In Düsseldorf blockierten Äste und Dachpfannen mehrere Straßen. Mehrere Autobahnen waren durch Bäume blockiert. Auf der A45 südlich von Hagen wurde die gesamte Verkehrsführung von zwei Baustellen buchstäblich vom Winde verweht. Die Polizei musste die gesamte Strecke kurzerhand sperren.
Bei Feuerwehr und Polizei standen die Telefone zeitweise kaum still. In einigen Städten appellierten die Rettungskräfte an die Menschen, die Notrufnummern wirklich nur im Ernstfall zu wählen.
„Eberhard“ erreichte Windstärke 11 bis 12 und war damit ungewöhnlich zerstörerisch. Dass die Bahn wegen eines Unwetters den gesamten Verkehr in NRW einstellt, ist selten. Vor gut einem Jahr war es bei Sturmtief „Friederike“ der Fall, 2015 bei Sturmtief „Niklas“.
In Dortmund haben am Sonntag viele Reisende nach Alternativen gesucht und sich auch untereinander geholfen. Dominik Möllerbrink, Mia Klöting und Ingrid Domke haben sich in der Schlange vor dem Infoschalter kennengelernt. Sie alle mussten nach Hamburg. Weil kein Zug fuhr, kam die Rettung in Form von Dominiks Frau. Sie fuhr das Trio kurzentschlossen mit dem Auto nach Hamburg.
Ramona Haefker, die mit fünf Freundinnen auf dem Rückweg aus dem Urlaub auf Mallorca war, hatte weniger gute Laune. Alle mussten weiter in den Norden, nach Ostfriesland. „Die Entspannung aus dem Urlaub ist komplett weg“, sagte sie. Zuerst wollten die sechs Frauen den Heimweg noch mit einem Mietwagen antreten, doch das Mietwagenunternehmen waren restlos ausgebucht.
Wer mit dem Flugzeug unterwegs war, kam am Sonntag zwar meistens ans Ziel - aber nicht immer ganz komfortabel. Am Flughafen Köln/Bonn mussten mehrere Maschinen wegen heftiger Windböen durchstarten, zwei Flugzeuge wurden auf andere Airports umgeleitet. Auch beim Landeanflug auf Düsseldorf seien die Passagiere durchgeschüttelt worden, sagte ein Sprecher.
Die Vorläufige Bilanz am Sonntagabend: Zwei Menschen wurden durch Sturm „Eberhard“ verletzt, im Hochsauerland starb ein Autofahrer durch einen Baum. In Bochum wurde eine Feuerwehrfrau von einem umstürzenden Baum getroffen, als sie mit ihren Kameraden gerade einen anderen Baum kleinsägen wollte. In Köln mussten Einsatzkräfte eine eingeklemmte Person unter einem umgestürzten Baum befreien.
Unglaublich viel Glück hatte der Bewohner eines Hauses in Bochum. Am Samstag, als mit „Dragi“ das erste Sturmtief des Wochenendes über NRW hinwegzog, war er gerade von seinem Sofa aufgestanden, als ein Baum durch das Dach brach und genau auf dem Sofa landete.
Die Einsatzkräfte arbeiteten auch am Sonntagabend noch Dutzende Notrufe ab - trotz aller Widrigkeiten. In Köln ließ sich die Besetzung eines Notarztfahrzeugs der Stadt zufolge auch dann nicht aufhalten, als herabfallende Dachziegel das Auto massiv beschädigten. Die Rettungskräfte hätten sich kurz von dem Schock erholt, seien in ein anderes Fahrzeug umgestiegen und zum nächsten Einsatz gefahren.