Neue Ausstellung in der Düsseldorfer Galerie Voss Wie die Malerei die Fotografie ausspielt
Düsseldorf · Gerhard-Richter-Meisterschüler Frank Bauer zeigt Porträts in der Galerie Voss.
Die Bilder von Frank Bauer (60) sind gemalt, aber sie orientieren sich an Fotos, die er selbst macht. Er malt minutiös und detailgetreu ab und spielt dabei die Malerei gegen die Fotografie aus. Das ist eine ideale Methode in seinen Stillleben, wo er aus den Dingen den Farbenreichtum herauskitzelt. Doch nun wagt er sich mit dieser Methode an die Porträt-Fotografie, vor allem an die Fotografie von Familien. Ob dieses Wagnis gelingt, erscheint fraglich.
Sein großer Vorgänger in der Porträtfotografie ist Thomas Struth, dem sein Lehrer Bernd Becher seinerzeit erklärt haben soll, die Fotografie sei aussichtsreicher als die Malerei, weshalb er Struths Abkehr vom Malen unterstützte.
Nun ist Frank Bauer aber Meisterschüler von Gerhard Richter, der selbst in den 80er-Jahren – als Bauer bei ihm studierte – noch zwischen Fotografie und Malerei hin und her sprang. „Porträts haben sich ja aus der Kunst weitgehend verabschiedet“, sagt Bauer und wagt sich mit seinen fotorealistisch gemalten Bildern von Freunden und befreundeten Familien in der Galerie Voss an die Öffentlichkeit.
Wie seinerzeit noch als Student bei Richter benutzt er ein Episkop, schiebt sein Papierfoto in den Apparat, wo es von einer ganz hellen Lampe angestrahlt und durch einen Spiegel mit einer Linse auf die Leinwand projiziert wird. Da Bauer längst ein Fachmann in allen Valeurs der Malerei ist, pflegt er das Foto beim Übergang in die Malerei „abzugleichen“, wie er es nennt. Das heißt, er rechnet in Tonwerten. Wo das nicht möglich ist, weil der Teppich auf seinem Foto nicht richtig belichtet ist, schiebt er an dieser Stelle ein zweites Foto hinzu. Als selbst die Mutter nicht richtig in seiner Komposition funktionierte, nahm er an dieser Stelle ein drittes Foto zu Hilfe. Bauer, der auch Musiker ist, sampelt auf diese Weise seine eigenen Motive.
Die Frage ist allerdings, ob eine derartige Sachlichkeit als Fundament menschlicher Beziehungen gelten kann.
Blick in die Kamera wie
in einen Spiegel
Die Porträtierten haben mitgewirkt und im Dialog mit dem Fotografen ihre Posen, Formationen und Selbstdarstellungen bestimmt. Alle Beteiligten blicken in die Kamera, was jedoch nicht Blickkontakt mit dem Fotografen bedeutet, weil dieser die Posen und Personen addiert. Die Porträtierten sind dargestellt, während sie ihr Selbst entwerfen.
Bauers Porträtserie besteht aus statuarischen Posen der jeweiligen Selbstkontrolle. Sie zeigt festgefrorene Momente, denn alle Familienmitglieder sind damit beschäftigt, in die Kamera wie in ihren Spiegel zu blicken. Hinzu kommt ein Ambiente, das gleichfalls bewusst arrangiert ist, wobei bestimmte Details hinzugefügt sind, die sich nicht selbst erklären.
Was soll das Cover eines Buchs über die alpinen Berge im Regal, wenn wir dem Vater nicht ansehen, wie gern er dort wandert? Die Frage, ob ein Bild etwas über das Verhältnis der Familie oder des Ehepaars aussagt, muss verneint werden, ist vielleicht auch gar nicht gewollt, denn die Farbatmosphäre der Bilder steht bei den Werken von Frank Bauer im Vordergrund.
Wie aber sieht der Künstler den Mehrwert eines nach einem Foto gemalten Porträts im Verhältnis zum Foto? Die Antwort Bauers, der im Jahr 1964 in Recklinghausen geboren wurde und von 1984 bis 1993 bei Gerhard Richter studiert hat, ist geradezu umwerfend ehrlich: „Das geht schneller als eine Porträt-Sitzung. Eine Fotosession mit Kindern ist nicht machbar. Das wäre zu viel Aufwand. Ich habe einmal eine Serie mit Menschen gemacht, die präsent waren, da habe ich mindestens 15 Stunden zum Malen gebraucht. Wenn ich eine ganze Familie vor der Nase habe, würde ich allein schon für die Fotosession unheimlich lange brauchen. Bei meinem Anspruch für Genauigkeit hätte ich die Kinder nicht malen können, denn die bleiben höchstens eine halbe Stunde still. So kürze ich ab. Fotos benutze ich ja für alle meine Arbeiten.“
Info Frank Bauers Porträts sind in der Galerie Voss, Mühlengasse 3, noch bis zum 9. November zu sehen.