Gewerkschaft zieht Bilanz Warnstreiks legen Teile der Unikliniken lahm
Düsseldorf · Mehr als 2000 Beschäftigte in NRW erhöhen mit Warnstreiks im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes den Druck auf die Arbeitgeber. Neben den sechs großen Unikliniken beteiligen sich diesmal auch Mitarbeiter zahlreicher Behörden am Ausstand. Es gibt auch Kritik.
Zahlreiche Beschäftigte an sechs großen Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen haben am Dienstag erneut mit Warnstreiks auf ihre Probleme aufmerksam gemacht und den Druck auf die Landesregierung erhöht. Die Protestaktionen, Kundgebungen und Demonstrationszüge hatten nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi schon am frühen Morgen begonnen.
Mehr als 2000 Mitarbeiter der Kliniken, der Bezirksregierungen in Köln und Düsseldorf, dem Statistischen Landesamt (IT.NRW), einiger Staatsanwaltschaften sowie weitererer Hochschulen im Land beteiligten sich laut Verdi an dem teilweise ganztägigen Ausstand. Auch am Justizvollzugskrankenhaus NRW in Fröndenberg/Ruhr (Kreis Unna) wurde gestreikt.
Verdi hatte wegen des Stillstands im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes der Länder die Tarifbeschäftigten dazu aufgerufen, ihre Arbeit vorübergehend niederzulegen. Am Warnstreik beteiligten sich die sechs großen NRW-Unikliniken in Aachen, Bonn, Köln, Düsseldorf, Essen und Münster.
Schon beim zweitägigen Warnstreik in der Vorwoche hatten etwa 2000 Beschäftigte mit der Niederlegung ihrer Arbeit den Betrieb an den betroffenen Krankenhäusern in Teilen lahm gelegt. Auch am Dienstag gab es große Einschränkungen und einen Notbetrieb. Operationen, bei denen dies medizinisch vertretbar war, mussten verschoben werden. Mehrere OP-Säle und komplette Stationen blieben geschlossen.
Ein Sprecher der Essener Klinik sprach von „erheblichen Einschränkungen in der Patientenversorgung“. Mit Notdienstvereinbarungen hatten Verdi und die Kliniken aber verabredet, dass die Grundversorgung der Patientinnen und Patienten nicht gefährdet war.
Wegen der besorgniserregenden Lage insbesondere auf den Intensivstationen, die auch zahlreichen Covid-19-Patientinnen und Patienten versorgen, kritisierte der Chef des Uniklinikums Essen den Zeitpunkt der Streiks scharf. Den Gewerkschaften warf Prof. Jochen A. Werner vor, die Corona-Pandemie als „Druckmittel“ zu missbrauchen.
Dem entgegnete Verdi-Landesleiterin Gabriele Schmidt: „Die Arbeitgeber zwingen uns mit ihrer Blockadehaltung zu einer Reaktion. Wer auch in der zweiten Runde mauert, statt Wertschätzung und Verbesserungen vorzulegen, darf sich nicht über Streiks wundern.“ Man sei „nicht an einer weiteren Eskalation interessiert“, so Schmidt weiter, könne aber auch nicht akzeptieren, „dass die Arbeitgeber ihre Gesprächsbereitschaft von massiven Herabgruppierungen im Eingruppierungssystem abhängig machen“.
Schließlich hätten die Länder viel Zeit gehabt „für eine echte Wertschätzung“, sagte Anja Weber, DGB-Vorsitzende in NRW, der „WAZ“ (Dienstag-Ausgabe). „Eine Tarifrunde fällt nicht vom Himmel. Es ist unverschämt zu sagen: Wir haben eine Pandemie, und deshalb dürft ihr euer Grundrecht auf Streik nicht wahrnehmen.“
Ende November steht in Potsdam die dritte Verhandlungsrunde in der Tarifauseinandersetzung an. Dann erwarten die Gewerkschaften, die neben besseren Arbeitsbedingungen unter anderem eine fünfprozentige Lohnerhöhung für die Klinik-Mitarbeiter fordern, ein Angebot der Arbeitgeber. Bisher liegt noch keine Offerte auf dem Tisch.