Handlungsbedarf: Gemach statt Galopp beim Lärmschutz

zu: „Hoffnung auf mehr Lärmschutz“, WZ vom 08. März

 Lärmschutz E-West: Da wird wohl was gemacht, Kineke sagt: nicht genug.

Lärmschutz E-West: Da wird wohl was gemacht, Kineke sagt: nicht genug.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Wie soll man die Stellungnahme des Dezernenten für Verkehr zum Thema Lärmschutz verstehen? Zunächst fällt hier eine merkwürdige Beziehung zu Tempo und Beschleunigung auf. Der Grund für die dem Dezernenten offenbar fremde Gangart „Galopp“ liegt doch wohl eher darin, dass es sein Dezernat mit einer beeindruckenden Verzögerung von nahezu drei Jahren versäumt hat, zur rechten Zeit den Lärmaktionsplan bei der Bezirksregierung einzureichen.

Nachdem also über Jahre hinweg Schritt für Schritt ohne Beteiligung der Bürger „gemächlich vorwärts gestürmt“ wurde, pressiert es nun und Konventionalstrafen stehen der Stadt ins Haus. Da muss es schon mal der ungewohnte Galopp auf Kosten des Gemeinwohls sein, um die missliche Angelegenheit vom Tisch zu bringen. Auch in puncto Gerechtigkeit scheint das Dezernat ganz eigene Auffassungen zu vertreten. Statt dem Kernanliegen jedes Lärmaktionsplans zu entsprechen, das darin besteht, alles zu unternehmen, um die kontinuierlich steigende Lärmverschmutzung zu minimieren, scheint es dem Dezernat eher gerecht, alles unter der Prämisse der im Aktionsplan seit Jahren überholten Auslösewerte für Lärmschutz zu bemessen, die jeder Fachexpertise Hohn sprechen.

Die A46 ist eine der größten Lärmverschmutzer im Stadtgebiet. Nach den Plänen des Bundes und des Landes soll mit der sogenannten Südtangente alsbald eine weitere exorbitant hohe Lärmquelle auf Autobahnniveau durch Wuppertal führen. Außer Achselzucken ist dazu von Seiten des Dezernats keine Aktivität zum Schutz seiner zu erkennen. Zynisch, wer da von Gerechtigkeit spricht. Was bedeutet das für den Bürger und gleichzeitig Steuerzahler? Zunächst einmal hohe Kosten. Die Europäische Kommission beziffert die Folgekosten des Lärms auf 0,2 bis zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes. Auf Deutschland bezogen sind das vier bis 40 Milliarden Euro pro Jahr.

Maßnahmen gegen Lärm sind im Verhältnis dazu nicht teuer. Sie vermeiden weitaus höhere Folgekosten. Sie müssen, etwas Weitsicht vorausgesetzt, nur in Angriff genommen werden. Bedeutsamer aber ist, dass überhöhter Verkehrslärm radikal an die Gesundheit geht. Das Deutsche Ärzteblatt zitiert aus epidemiologischen Studien, nach denen Verkehrslärm unter anderem mit erhöhter Morbidität und Mortalität einhergeht und 18 000 vorzeitige Todesfälle, 1,7 Millionen Fälle von Bluthochdruck und 80­ 000 Hospitalisierungen pro Jahr in Europa verursacht.

Die Liste der krankmachenden Faktoren durch Lärm lässt sich an dieser Stelle nicht komplett widergeben, dafür ist sie zu lang. Nur noch so viel dazu: Insgesamt gehen nach Aussagen des Ärzteblattes in Westeuropa jährlich über eine Million Lebensjahre verloren, die mit schwerwiegenden gesundheitlichen Einschränkungen aufgrund von verkehrslärminduzierten Erkrankungen verbracht werden. Wann endlich will die Stadt ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren Bürgern gerecht werden? Nach jahrelanger Schluderei ist die Zeit zum Handeln überreif. Versteht das Dezernat das?

Armin Brost, per Email