Hotspot NRW: Heißester Tag des Jahres wird erwartet
Offenbach (dpa/lnw) - Die Hitze gönnt NRW noch keine Verschnaufpause - im Gegenteil: die Temperaturen steigen weiter und sollen im Laufe des Freitags einen bisherigen Höchstwert in diesem Jahr erreichen.
Allerdings zeigt der satte Sommer zunehmend auch seine Schattenseiten. Die Bäume dürsten, das Wasser wird knapp und die Tierschützer befürchten ein Fischesterben in den aufgeheizten Flüssen. Außerdem droht laut Wetterdienst nach der sonnigen Hitzewelle ein gewittriges Wochenende mit Starkregen, Hagel und dem einen oder anderen vollgelaufenen Keller.
Nach Temperaturen von erwarteten 38 bis höchstens 39 Grad vor allem in den Städten und leichten örtlichen Gewittern am Donnerstag soll sich die schweißtreibende Hitze auch am Freitag landesweit fortsetzen. „Morgen könnten wir an der einen oder anderen Stelle und mit der richtigen Einstrahlung die 39-Grad-Marke knacken“, sagte Thomas Gerwin, ein Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Der Hitze-Rekord aus dem Jahr 2003 wird laut DWD bis zum Wochenende aber nicht gebrochen. Damals erreichte der Stadtteil Merkenich in Köln schweißtreibende 39,6 Grad.
Dagegen erwartet Gerwin für Samstag in NRW eine nasse Abkühlung von oben: „Es wird wahrscheinlich wieder irgendeinen Ort geben, der keinen Tropfen abbekommt. Aber eigentlich zieht die Regenfront von Westen her quer über das Land.“ Mit starkem Regen und Hagel rechnet Gerwin vor allem in Ostwestfalen, am Sonntag wird es dann nach seiner Prognose landauf, landab wieder heiter, weitgehend niederschlagsfrei und vor allem leicht kühler. „Gehen die Werte von 38 auf 27 Grad hinunter, kann man ja schon fast von einem Temperatursturz sprechen.“
Nach den Temperaturen am Donnerstag werden die Feuerwehren im ganzen Land auch am Freitag angesichts trockener Felder und Wälder in Alarmbereitschaft bleiben: „Die Gefahr von Wald- und Flächenbränden ist riesig“, warnte die Feuerwehr Essen. Für weite Teile Nordrhein-Westfalens gilt mindestens bis Freitag die Gefahrenstufe 4 (hohe Gefahr) von 5. „Die höchste Stufe gibt es in NRW sehr selten“, sagte DWD-Agrarmeteorologe Hans Helmut Schmitt. „Denn hier gibt es nicht so viele Kiefernwälder auf sandigen Böden, die besonders gefährdet sind“. Örtlich müsse aber auch mit der höchsten Gefahrenstufe gerechnet werden, sagte Friedrich Louen vom Landesbetrieb Wald und Holz.
Nach wie vor sind Feuerwehr und Stadtreinigungen landesweit im Einsatz, um Bäume in der anhaltenden Sommerhitze vor dem Vertrocknen zu retten. Unter anderem in Aachen, Düsseldorf und Recklinghausen rückten sie zu Einsätzen aus, um Hunderte von Bäumen zu bewässern.
In Wuppertal gießt die Polizei wegen der anhaltenden Trockenheit die Bäume mit einem Wasserwerfer. Ein entsprechender Einsatz habe am Donnerstagvormittag begonnen, sagte eine Polizeisprecherin. Zuvor hatte die „Rheinische Post“ davon berichtet. Das Fahrzeug umfasst 10 000 Liter. „Die Straßenbäume haben es wirklich bitter nötig“, sagte eine Stadtsprecherin. Sie stünden alleine und könnten sich deshalb gegenseitig keinen Schatten wie im Wald spenden. Bereits seit Montag gießt auch die Wuppertaler Feuerwehr die Straßenbäume - jeden mit 80 bis 100 Litern, sagte sie.
Mit Blick auf das Thermometer warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Nordrhein-Westfalen vor steigenden Temperaturen im Rhein und seinen Nebenflüssen - und vor den Folgen. In Kürze könnte die für die Gewässerökologie gefährliche Grenze von 28 Grad überschritten werden. Die Marke entspricht auch dem zulässigen Grenzwert der europäischen Oberflächengewässerverordnung. Denn von der Gewässertemperatur ist abhängig, ob etwa Kraftwerke Kühlwasser einleiten dürfen. Die Temperaturen des Wassers am Niederrhein pendelten derzeit um die 26 Grad. „Spätestens ab 28 Grad ist mit Schädigungen der Gewässerbiologie zu rechnen“, sagte der NRW-BUND-Vorsitzende Holger Sticht.
Laut BUND sorgt neben der Hitze- und Niedrigwasserperiode vor allem die Abwärme von Industriebetrieben sowie von kohle- und Gaskraftwerken dafür, dass die Temperatur immer weiter steige. Der BUND fordert einen sofortigen Stopp dieser Einleitungen, „um größere ökologische Schäden zu verhindern“.
Anders als der BUND sieht der Fischereiverband NRW die Situation der Fische im Rhein gelassen. „Problematischer ist die Lage in Stillgewässern und kleineren Fließgewässern“, sagte Fischereibiologe Olaf Niepagenkemper. Dort beginne bereits ein Fischsterben. Vor allem der niedrige Sauerstoffgehalt im Wasser setze den Fischen zu. „Je wärmer es wird, umso weniger Sauerstoff kann das Wasser aufnehmen.“
Ob die Einsätze und die anhaltende Trockenheit auch zu steigenden Kosten für die Städte führen, dazu gibt es bislang keine Angaben des Städte- und Gemeindebunds NRW. Es sei zwar bei diesen Temperaturen nicht notwendig, den Rasen zu mähen und die Pflanzen zu schneiden, sagte Sprecher Martin Lehrer. „Dafür werden die freien Kapazitäten aber genutzt, um die Straßen abzufahren und zu schauen, welche Bäume gegossen werden müssen.“