Interview Hugo Egon Balder: „Früher war nicht alles besser, nur anders“

München · Hugo Egon Balder über seine neue TV-Show „Was für ein Jahr!“ und die Erinnerungen an frühere Fließbandarbeit beim legendären „Tutti Frutti“.

Hugo Egon Balder gehört seit den 80ern fest zur deutschen TV-Landschaft.

Foto: picture alliance / Karlheinz Sch/Karlheinz Schindler

In der neuen Show „Was für ein Jahr!“, die jetzt bei Sat.1 startet, nimmt Moderator Hugo Egon Balder seine prominenten Gäste und die Zuschauer mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. In jeder Ausgabe steht ein ganz bestimmtes Jahr im Mittelpunkt, die Auftaktfolge an diesem Freitag dreht sich um 1982, als Nicole mit dem Song „Ein bisschen Frieden“ beim ESC gewann, die Neue Deutsche Welle durchs Land schwappte und Helmut Kohl Bundeskanzler wurde.

Herr Balder, die erste Ausgabe Ihrer neuen Show „Was für ein Jahr!“ dreht sich um das Jahr 1982. Erinnern Sie sich?

Hugo Egon Balder: Da war ich gerade bei Radio Luxemburg und habe Sendungen moderiert, unter anderem mit den Herren Thomas Gottschalk, Max Schautzer und Hans Meiser. Dort war ich von 1979 bis 1990, eine ganz schön lange Zeit also.

Und Sie sind mit dem Titel „Schwarzfahren“ als Schlagersänger in Ilja Richters „Disco“ aufgetreten ...

Balder: Stimmt, ich kannte Ilja Richter damals schon, das war in München. An viel mehr kann ich mich leider nicht mehr erinnern (lacht). Ich war ja auch kein Schlagersänger im herkömmlichen Sinne, sondern habe halt ab und zu mal lustige Texte gemacht und ein bisschen gesungen. 1984 hatte ich ja sogar einen regelrechten Hit: „Erna kommt“.

Was haben Sie denn sonst noch so gemacht in den Achtzigern?

Balder: Och, vieles, unter anderem war ich als Kabarettist beim Kom(m)ödchen in Düsseldorfengagiert, da war zu der Zeit auch Harald Schmidt. Ich war ja von Kindesbeinen an ein großer Kabarett-Fan und als mich der Kom(m)ödchen-Gründer Kay Lorentz anrief, bin ich fast vom Stuhl gefallen. Ich bin also da hin, war zwei Jahre da und bin dann wieder weg.

So groß war die Liebe zum Kabarett dann doch nicht?

Balder: Nö, ich hatte keinen Bock mehr. Als ich gemerkt habe, dass das wahre Kabarett beim „Kom(m)ödchen“ hinter den Kulissen stattfand, habe ich aufgehört. Ich habe mich dann wieder auf meine Arbeit bei Radio Luxemburg konzentriert, wo ich eine tolle Zeit hatte und mit Frank Elstner einen richtigen Traumchef, das kann ich gar nicht anders sagen. Es war das totale Chaos, aber es war klasse.

Mitte der Achtziger starteten Sie bei RTL auch Ihre Fernsehkarriere und waren dann mit „Alles nichts oder?!“ sehr erfolgreich. Hat das Fernsehmachen damals mehr Freude gemacht?

Balder: Eindeutig ja, weil Entscheidungen viel schneller getroffen wurden. Es gab keine Gremien von 800 Leuten, die erst mal über neue Ideen entscheiden mussten. Es gab jeden Tag 400 neue Ideen, davon mussten am nächsten Tag dann 200 umgesetzt werden, und davon blieben fünf übrig und die wurden dann jahrelang gemacht.

Wie zäh war denn der Entscheidungsprozess bei Ihrer neuen Show „Was für ein Jahr!“?

Balder: Das ging ziemlich schnell, weil es ja ganz klare Ansagen gab: Man nimmt sich in jeder Ausgabe ein bestimmtes Jahr vor und guckt, was da passiert ist. Man pickt sich die besten Sachen raus, lädt ein paar Gäste ein und macht ein paar Spielchen – das isses dann auch schon.

Sehnen Sie sich manchmal nach den Achtzigern zurück?

Balder: Nö, ich bin eigentlich nicht so der große Nostalgiker, der sich in einem fort mit der Vergangenheit beschäftigt.

War früher alles besser?

Balder: Um Gottes Willen nein, früher war nicht alles besser, es war nur vieles anders.

Die zweite Ausgabe der neuen Show dreht sich um 1990, das Jahr, in dem Sie mit „Tutti Frutti“ anfingen.

Balder: Richtig, wir haben die Show mit einem italienischen Team in Mailand gemacht, das Studio stand uns aber immer nur für zwei Wochen zur Verfügung – und in der Zeit haben wir dann die Sendungen für das ganze Jahr aufgezeichnet. Das war Fließbandarbeit, vier bis fünf Ausgaben am Tag. Für mich war das ein Erlebnis, mal zu sehen, wie Fernsehen in Italien gemacht wird. Das Studio stand in einem Industriegebiet und wäre von einem deutschen Ordnungsamt sofort dichtgemacht worden – da lagen Starkstromkabel offen rum, solche Dinge eben. Aber was soll ich Ihnen sagen: Es hat alles funktioniert. Vor der Arbeit wurde immer schön gegessen, dann ging’s nachmittags los und bis in die Nacht hinein.

Seit dieser Zeit sind Sie nicht mehr aus dem deutschen Fernsehen wegzudenken. Wie haben Sie es geschafft, sich so lange in diesem Geschäft zu halten?

Balder: Das kann ich Ihnen nicht mit einem Satz beantworten, da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen Glück, das man immer haben muss. Dann hatte ich mit tollen Leuten zu tun wie RTL-Chef Helmut Thoma. Der hat nicht lange gefackelt, sondern gesagt: „Mach mal“. Außerdem habe ich mich nie verbiegen lassen. Klar, ich musste manchmal auch Sachen machen, die nicht so doll waren. Aber im Großen und Ganzen konnte ich immer machen was ich wollte.

Sie hatten Spaß?

Balder: Großen Spaß, und den habe ich immer noch. Nicht nur im Fernsehen, sondern auch am Theater, ich stehe ja seit fast zehn Jahren ununterbrochen auf der Bühne. Zurzeit bin ich im „Theater am Dom“ in Köln im Stück „Komplexe Väter“ zu sehen – zusammen mit Jochen Busse.