Schule Kritik an Abi-Klausuren ohne Testpflicht
DÜSSELDORF · Ein Dilemma für Schüler, ein Risiko für die Aufsicht führenden Lehrer – was Gewerkschaft und Ministerium zur Kritik einer Gymnasiallehrerin sagen.
Anne M. ist Gymnasiallehrerin in Düsseldorf. Ihren vollen Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Aber das Anliegen, das sie dazu bewegt, sich an die Medien zu wenden, macht sie zornig. Es geht darum, dass für Schülerinnen und Schüler, die in der Abschlussprüfung stecken, eine Ausnahme von der ansonsten in Schulen geltenden Coronatestpflicht gilt (siehe Infokasten).
Anne M. sagt: „Die Schüler stehen doch vor einem Dilemma: Sie wollen unbedingt die Abiturarbeiten schreiben. Lassen sie sich testen und ist der Test positiv, dann werden sie von der Prüfung ausgeschlossen. Da dürfte sich manch einer versucht sehen, dem Interesse am eigenen Abitur den Vorrang zu geben. Und damit die Mitschüler dem Risiko einer Infektion auszusetzen.“
Die Lehrerin kritisiert auch, dass die Schulen nun auf sich allein gestellt seien, Aufsichtspersonen für die Abi-Klausuren der nicht getesteten Schüler zu stellen. Dem Infektionsrisiko setze sich niemand gern freiwillig aus. Sie lade Schulminsterin Yvonne Gebauer (FDP) herzlich ein, selbst doch einmal einen solchen Aufsichtsdienst zu übernehmen. Man hätte jedenfalls den die Aufsicht führenden Lehrern rechtzeitig ein Impfangebot machen müssen, kritisiert Anne M.
Die Reaktion der Lehrergewerkschaft GEW
Für Maike Finnern, die Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, zeigen die Vorwürfe der Kollegin „die Versäumnisse der Politik schonungslos auf“. Alle Betroffenen würden einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, weil sie zur Beaufsichtigung dienstverpflichtet werden. Man dürfe den Schülern, die einen Test im Zusammenhang mit den Prüfungen verweigern, nicht den schwarzen Peter zuweisen. Wichtig und notwendig sei es aber auch, die Lehrkräfte nicht im Regen stehen lassen. Maike Finnern: „Alle Lehrkräfte müssen jetzt schnellstens geimpft werden. Zudem müssen alle erdenklichen Schutzmaßnahmen getroffen werden, wie beispielsweise der Einsatz von Luftfiltern.“
Die Reaktion des
NRW-Schulministeriums
Das mit den Vorwürfen konfrontierte NRW-Schulministerium betont, das Recht auf Bildung müsse bestmöglich mit dem Infektions- und Gesundheitsschutz in Einklang gebracht werden. „Sollten Schülerinnen und Schüler zum Termin der Abiturprüfung über keinen Testnachweis verfügen, dürfen sie gleichwohl nicht von der Prüfung ausgeschlossen werden. Sie legen ihre Prüfung dann gegebenenfalls mit anderen Schülern, die ebenfalls keinen gültigen Testnachweis besitzen, in einem getrennten Raum ab.“
Die Schüler werden also nicht zum Test gezwungen. Andererseits müssen sie aber auch bei einem positiven Test nicht befürchten, dass das Abitur für sie gelaufen ist. Aus dem Schulministerium heißt es, positiv getestete Schüler dürften zwar nicht an den Prüfungen teilnehmen. Für diese werde aber eine Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt – insbesondere zum Nachschreibetermin – ermöglicht. Die Staffelung von Haupt- und Nachschreibeterminen schaffe dabei die Voraussetzung dafür, dass alle Abiturientinnen und Abiturienten ihre Prüfungen ablegen können.
Zu dem Problem der Aufsicht in den Räumen, in denen nicht getestete Schüler die Arbeiten schreiben, heißt es aus dem Schulministerium: Die Entscheidung über den Einsatz der einzelnen Lehrkraft und die Aufsichtspläne treffen die Schulleiter auf Grundlage der von der Lehrerkonferenz aufgestellten Grundsätze für die Aufsichtspläne. Für die Aufsichtsführung nicht getesteter Prüflinge dürften schwangere Lehrerinnen sowie Lehrkräfte aus einer Risikogruppe, die eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, nicht eingesetzt werden. Auch während der Prüfungen seien die strengen Anforderungen zur Einhaltung von Hygiene und Infektionsschutz zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollten allen Lehrkräften, Prüfungsteilnehmern FFP-2-Masken oder medizinische Masken aus dem Schulkontingent zur Verfügung gestellt werden, die Prüflinge und Aufsichtführende während des gesamten Prüfungszeitraums zu tragen haben. Bei längeren Prüfungen sei jeweils eine Maske zum Wechseln bereitzustellen.
Lehrerin Anne M. denkt auch bereits voller Skepsis an die späteren mündlichen Prüfungen: „Da sitzt dann ein nicht getesteter Schüler drei Lehrern 20 Minuten in einem Raum gegenüber. Bleibt es auch da bei der Regelung einer nicht bestehenden Testpflicht?“ Auf diese Frage heißt es aus dem Schulminsterium nur: „Bei den zwischen dem 7. Mai und 2. Juli 2021 möglichen mündlichen Prüfungen soll nach den dann jeweils gültigen Regelungen der CoronaBetrVO analog verfahren werden.“
Zu den Vorwürfen in Sachen unterbliebener Impfung von Lehrkräften nimmt das Schulministerium keine Stellung. Wohl aber verweist man auf folgendes: Aus den landesweiten wöchentlichen Umfrage an öffentlichen Schulen ergebe sich, dass zum Stichtag 14. April durchschnittlich nur rund 0,2 Prozent der Schüler in den Jahrgängen der gymnasialen Oberstufe eine Testung in der Schule verweigert hätten.