Schule in der Corona-Krise Kinderärzte: Pauschales Verbot von Präsenzunterricht in NRW ungerechtfertigt
Köln · Die nordrhein-westfälische Landesregierung erhält für ihren Lockerungskurs bei Corona-Einschränkungen Rückenwind von Kinder- und Jugendärzten.
„Ein pauschales Verbot von Präsenzunterricht ist medizinisch nicht gerechtfertigt“, unterstrich der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach.
Ebenso sei es „nicht nachvollziehbar und daher inakzeptabel“, Lehrergruppen vom Präsenzunterricht auszunehmen. „Verbesserte Hygienemaßnahmen und die angemessene Ausstattung der Lehrkräfte zum Beispiel mit Mund-Nasen-Schutz und Händedesinfektionsmitteln wären hier der richtige Weg“, erklärte der Kölner Mediziner in einer Mitteilung. Damit wäre es nicht mehr nötig, bis zu einem Drittel der Lehrkräfte vom Unterricht auszunehmen, nur weil sie etwa 60 Jahre oder älter seien. Dies sei sachlich nicht zu rechtfertigen.
„In die Praxen kommen immer mehr verzweifelte Eltern, die - mit der aus wissenschaftlicher Sicht umstrittenen - Schulschließung massive, teils existentielle Probleme bekommen haben, weil sie aufgrund von Homeschooling und Kinderbetreuung ihrer Erwerbsarbeit nicht nachgehen können“, berichtete der Verbandspräsident. „Wir sehen Kinder, die stark unruhige beziehungsweise rastlose Verhaltensweisen zeigen, die zuvor nicht bestanden haben.“ Die Zahl der Hilferufe bei den Kinderschutzhotlines sei sprunghaft gestiegen.
„Schulöffnungen sind aus medizinischer Sicht kein Pandemie-Risiko“, erklärte Fischbach. „Aus wissenschaftlicher Sicht ist es unstrittig, dass insbesondere jüngere Kinder bis zehn Jahre nur sehr selten schwer an COVID-19 erkranken.“ In über 80 Prozent der Fälle seien sie nachweislich von Erwachsenen angesteckt worden, steckten selbst aber nur selten Erwachsene an. Jenseits des zehnten Geburtstages seien Kinder in der Regel in der Lage, Hygienemaßnahmen umzusetzen. Daher sollten alle Schulen in Deutschland so schnell wie möglich öffnen.