Analyse zur Mauer am Döppersberg Zweiter Bau der Mauer bleibt der Stadt wohl kaum erspart

Wuppertal · Es gibt Probleme, die lassen sich durch entschlossenes Handeln schnell aus der Welt schaffen. Und es gibt Probleme, die wie kippende Dominosteine wirken. Die bröckelnde Natursteinmauer am Döppersberg zählt ganz offensichtlich nicht zur ersten Kategorie.

Die Mauer am Döppersberg bröckelt.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

In dieser Woche legte die Stadt die Ergebnisse eines Gutachtens vor, in dem vor der Gefahr herabstürzender Mauerteile auf die Passanten am Hauptbahnhof gewarnt wird. Die Standfestigkeit der Mauer stehe zwar nicht zur Diskussion, aber eine Sicherung durch Netze oder Gerüste sei erforderlich, um dann im zweiten Schritt die Sanierung oder den Abriss vorzunehmen.

Schon der erste Schritt, die Sicherung der Mauer im laufenden Betrieb mit tausenden Passanten pro Tag, wird zu einer heiklen Aufgabe. Unterstützung durch Verpackungskünstler Christo wäre hilfreich, denn im schlimmsten Fall gehören Netz und Gerüste für Jahre zum Stadtbild, da langwierige juristische Auseinandersetzungen mit den ausführenden Baufirmen nicht auszuschließen sind.

Es geht um Millionen Euro an Kosten und Folgekosten. Die Stadt sieht sich im Fall der Mauer in der Gewährleistungsfrist. Demnach müssten die Baufirmen für die Sanierung aufkommen. Rund drei Millionen Euro (2,5 Millionen Euro Herstellungskosten plus Mehrwertsteuer) hat die Mauer aus Kalksandstein gekostet. Sie ist Bestandteil des architektonischen Konzepts zur Neugestaltung des Döppersbergs aus dem Jahr 2004.

Der Handlungsspielraum der Stadt ist stark eingeschränkt

Damals war das Büro JSWD aus Köln als Sieger aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangen. Der Entwurf für den Umbau des Döppersbergs ist mit Urheberrechten geschützt. Rechte, die übrigens auf die Nachkommen des Architekten übergehen. Veränderungen dürfen nur mit Genehmigung des Urhebers oder dessen Nachfahren vorgenommen werden. Im Falle einer Klage der Architekten wegen des Urheberrechtes gehe es um einen Streitwert von 4,5 Millionen Euro, so die Stadt. Hilfreich ist es sicher nicht, dass sich die Stadt bei der Umsetzung der Pläne von dem Büro im Streit getrennt hat.

Dieser Hintergrund ist für die weiteren Überlegungen von Bedeutung, denn er schränkt den Spielraum der Stadt ein. Die Mauer erfüllt zudem nicht allein optische Funktionen. Als vorgehängte Fassade übernimmt sie vielfältige Aufgaben, wie die Verkleidung der Tiefgarage mit Belichtung und Belüftung oder die Absicherung des Übergangs vom oberen zum unteren Bahnhofsvorplatz.

Über die Optik wird seit Jahren kontrovers diskutiert. 2018 wurden im Stadtrat Forderungen laut, die Mauer abzureißen, weil sie nicht zum Döppersberg passe. Die Verwaltung bezifferte damals die Kosten allein des Rückbaus auf 1,2 Millionen Euro. Es würden Folgekosten in einer zweistelligen Millionenhöhe entstehen, da nach einem Abriss der Mauer der obere Bahnhofsvorplatz komplett neu gestaltet werden müsse. Die Natursteinmauer diene als Absperrung und Fallschutz und müsse dem Aufprall eines Fahrzeugs standhalten.

Das von der Stadt beauftragte Gutachten hat nun ergeben, dass der verwendete Stein nicht tauglich für die Mauerkonstruktion ist. Gegenüber der WZ hatte der Experte Thomas Lange schon 2019 darauf hingewiesen, dass die Steine falsch zersägt worden seien.

Einiges deutet daraufhin, dass die Mauer Stein für Stein ersetzt werden muss. Wie schon der Bau dürfte auch ihre Reparatur Jahre dauern. Eine veränderte Konstruktion erscheint wegen zu befürchtender Streitigkeiten um Urheberrechte und wegen drohender Folgekosten eher unwahrscheinlich. Dass ausgerechnet die von vielen Wuppertalern ungeliebte Mauer zweimal gebaut werden müsste, wäre nicht der Treppen- aber der Mauerwitz der Wuppertaler Geschichte.