In Schulkeller vergessen Großbilder aus den 1950er Jahren zeigen Krefeld in alter Zeit
Krefeld · 14 dreidimensionale Großbilder aus den 1950er Jahren mit Stadtansichten aus wilhelminischer Zeit bereitet das Haus der Seidenkultur für eine Ausstellung vor.
Aussortiert. Vergessen. Bereit für den Müll. Das Schicksal der 14 Dioramen ist eigentlich schon besiegelt. Doch dann bekommt Hansgeorg Hauser vom Förderverein des Hauses der Seidenkultur einen Hinweis auf die Schätze, die da in der Scheune der Burg Linn einlagert sind. Und ihm ist sofort klar: „Die müssen wir retten.“
Doch beginnen wir der Reihe nach – und gehen dafür weit zurück: Mitte der 1950er Jahre lässt die Kaufhof AG zur Dekorierung der Schaufenster ihres Erweiterungsbaus am Krefelder Neumarkt 14 dreidimensionale Großbilder mit Straßenszenen aus Alt-Krefeld anfertigen. Diese sogenannten Dioramen sind aus Pappe, Sperrholz, Stoff und Farbe nach alten Stichen und Aquarellen gearbeitet und zeigen mit viel Liebe zum Detail bekannte und unbekannte Winkel und Plätze Krefelds. „Nach unseren Informationen sind sie von Bühnenmeistern des Krefelder Theaters gemacht worden“, sagt Dieter Brenner, Pressesprecher des Hauses der Seidenkultur. Dafür spricht auch, dass die Schaubilder perspektivisch geschickt gearbeitet sind, die Figuren im Vordergrund also zum Beispiel viel größer sind als die im Hintergrund.
Drei Jahrzehnte in einem Schulkeller vergessen
Brenner kann sich daran erinnern, dass er als Kind in der Vorweihnachtszeit die beleuchteten Dioramen im Kaufhof-Schaufenster selbst bestaunt hat. Doch irgendwann geraten die alten Darstellungen aus der Mode: Die Dioramen wandern in den Keller einer Krefelder Schule, wo sie dann rund drei Jahrzehnte vergessen werden.
Zu ihrer ersten Wiederentdeckung kommt es Anfang der 1990er Jahre. Mitarbeiter des Museums Burg Linn reinigen und restaurieren schweren Schaukästen und bereiten sie so für zwei Ausstellungen vor. Von der zweiten, die zwischen dem 29. November 1992 und dem 24. Januar 1993 stattfindet, ist erst kürzlich aus einem Nachlass die Original-Beschreibung wieder aufgetaucht.
Vorerst sind die Schaukästen wieder in einem Keller gelandet
Nach den genannten Ausstellungen geraten die Dioramen erneut in Vergessenheit – bis sie von Hansgeorg Hauser und seinen Mitstreitern zum zweiten Mal wiederentdeckt werden. Das Haus der Seidenkultur hat die 14 Schaukästen im Juli 2018 übernommen und zunächst einmal in einem seiner Archive untergebracht, das sich im ehemaligen Fahrrad-Keller der Robert-Jungk-Gesamtschule in Hüls befindet.
„Sie hier nach unten zu schaffen war gar nicht einfach, denn so ein Diorama ist 45 Kilo schwer“, berichtet Achim Wahl, Haustechniker und Logistiker im Hauses der Seidenkultur: Mit Hilfe von Seilen und einem Laufschlittens, den Wahl „Pharao“ nennt, weil mit solchen Geräten schon die Steine für die Pyramiden transportiert wurden, sei es gelungen, die Kästen über eine Rampe nach unten zu befördern. Im Keller will er sich nun eine Kippbühne einrichten, um die Dioramen bearbeiten zu können. Das soll in erster Linie aus einer behutsamen Reinigung bestehen. Auch kleine Ausbesserungen sind notwendig. So ist zum Beispiel die Hintergrund-Fassade einer Hausreihe am Platz an der Alten Kirche umgekippt. „Dadurch stimmt auch die Perspektive nicht mehr“, sagt Wahl. Außerdem muss die Beleuchtung kontrolliert und eventuell auf LED umgerüstet werden. „Wenn sie brennt, sieht es so aus, als ob in den Häusern das Licht eingeschaltet wäre. Das ist spitze gemacht.“
Die Dioramen sollen nach der Restaurierung nicht im Keller bleiben. Vielmehr ist ab 8. Dezember eine Ausstellung im Haus der Seidenkultur vorgesehen, bei der alle 14 wieder ans Licht geholt werden. Titel: „Szenen aus dem wilhelminischen Crefeld.“ Ein Diorama ist schon jetzt in der aktuellen Ausstellung „150 Jahre im Herzen des Kronprinzenviertels“ vertreten. „Das steht aber zu tief. Ich muss es noch 20 Zentimeter anheben, damit die Perspektive stimmt“, hat Achim Wahl festgestellt. Er hat zudem die Idee, in der nächsten Ausstellung die Schaukästen mit aktuellen Fotos der jeweils dargestellten Ecke Krefelds zu ergänzen.
Das wird nicht immer einfach sein, denn manche Straßenzüge sind heute so nicht mehr zu finden. Auch viele Fragen über die Geschichte der Dioramen sind offen. „Es wäre deshalb phantastisch, wenn sich bei uns alte Krefelder melden, die etwas dazu beisteuern könnten“, sagt Dieter Brenner.
Wer etwas über die Geschichte der Dioramen weiß, kann sich ans Haus der Seidenkultur wenden unter Telefon 02151/934 53 55 oder per E-Mail an: