Abschiebung Adnan Harb meldet sich aus Istanbul

Der 46-Jährige wurde ausgeflogen, obwohl eine Beschwerde gegen den Beschluss anhängig ist.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Adnan Harb hat sich Freitagmittag bei einem seiner in Berlin lebenden Brüder telefonisch vom Flughafen Atatürk in Istanbul gemeldet. Der gebürtige Libanese, der kein türkisch spricht, wurde am späten Vorabend aus der Abschiebehaftanstalt Berlin-Köpenick abgeholt und in einen Flughafenarrest in Tegel gebracht. Das berichteten am späten Donnerstagabend Mithäftlinge aus dem Gefängnis in Berlin der WZ. Dabei wurde ihm sein Mobiltelefon abgenommen.

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Die Abschiebung erfolgte, obwohl gegen den Beschluss des Haftrichters am Krefelder Amtsgericht fristgerecht Beschwerde eingelegt wurde. Das bestätigte Harbs Düsseldorfer Anwältin Julia Masin am Freitag der WZ.

Demo für Adnan Harb: „Gegen Demütigung von Flüchtlingen."
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Demo für Adnan Harb: „Gegen Demütigung von Flüchtlingen."

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Juristisch höchst fragwürdig ist der Vorgang auch deshalb, weil die Haftrichterin das Datum der Abschiebung auf den 15. Mai 2015 festgelegt hatte. Beobachter halten es auch für möglich, dass die Abschiebung früher erfolgte, weil am 12. Mai in Düsseldorf der Petitionsausschuss des Landtages zusammenkommt. Der hätte wohl auch nicht mehr entscheidend eingreifen können, hätte aber möglicherweise überregionale Aufmerksamkeit verursacht.

Fragen muss die Justiz sich auch nach ihrer Unabhängigkeit von Politik und Verwaltung gefallen lassen. Denn sowohl der Antrag der Ausländerbehörde an das Amtsgericht zur Festnahme von Adnan Harb, als auch der Text der Begründung der Haftrichterin sind in größten Teilen deckungsgleich. Das lässt den Schluss zu, dass der Text der Begründung womöglich in Teilen von der Ausländerbehörde verfasst wurde.

Dabei greift das Urteil entscheidend in das Schicksal und die Zukunft einer fünfköpfigen Familie ein. Eine Reihe von Grundrechten unserer Verfassung werden in dem Verfahren berührt. In dem Beschluss heißt es, Adnan Harb habe „durch Inszenierung einer Medienkampagne“ versucht „ein illegitimes Aufenthaltsrecht“ zu erzwingen.

Der Hülser Pfarrer Paul Jansen, der auch für St. Anna im Inrath zuständig ist — dort hatte Harb im März Kirchenasyl erhalten — erinnerte auf der Kundgebung vor der Ratssitzung am Donnerstag auch daran, dass nach dem Krieg viele Flüchtlinge in Krefeld Aufnahme gefunden hätten und heute zu seiner Gemeinde gehören. Krefelds Ruf als tolerante Stadt dürfe „nicht beschädigt werden.“ Die Vorgänge um Adnan Harb, die auch seine fünfköpfige Familie auseinander reiße sei „wahrlich kein Ruhmesblatt in der Krefelder Geschichte“; sagte Jansen.

Nawal Harb, die Ehefrau des abgeschobenen Libanesen fragt: „Wie kann man meinen Mann, der sich seit 30 Jahren nichts hat zuschulden kommen lassen, in Handschellen abführen wie einen Verbrecher?“ Und sie fragt den Oberbürgermeister: „Finden Sie es richtig, dass er sich nicht einmal von uns verabschieden konnte?“