Angst vor dem Sparhammer
Der Kultur drohen heftige Schläge. Unsere Redaktion erklärt, was dabei zu Bruch gehen kann.
Krefeld. Vorgewarnt sind sie alle. Die Leiter der städtischen Kulturinstitute wissen, dass 2014 kein leichtes Jahr wird. Aufgrund der Haushaltslage sind Kürzungen von 25 bis 30 Prozent im Gespräch. Heute verhandeln die Fraktionen unter anderem darüber.
Die Kultur gerät deshalb besonders ins Blickfeld, weil sie nicht als Pflichtaufgabe, sondern als freiwillige Leistung der Kommune definiert wird. „Es sind Ausgaben, die nicht per Gesetz oder Vertrag vorgeschrieben sind“, bestätigt Dezernent Gregor Micus. Ins Detail kann und will er noch nicht gehen. Klar ist jedoch: Keins der Kulturinstitute ist tabu.
Wenn man sich dort umhört, fällt oft der Satz mit dem Kaninchen und der Schlange. Die Chefs und ihre Mitarbeiter starren Richtung Rathaus. Für sie steht viel auf dem Spiel: die Aufbauarbeit von Jahren, der Erfolg und das Ansehen ihrer Institute, nicht zuletzt die tägliche Arbeitszufriedenheit. Eine Kürzung dieses Ausmaßes lässt sich nicht unbemerkt auffangen — sie zerstört zwangsläufig Strukturen.
In der Mediothek, vor wenigen Jahren für 11,4 Millionen Euro neu gebaut, würde der Bestand an Büchern und anderen Medien weiter sinken. 300 000 Euro pro Jahr sind dort nötig, um kaputte und aussortierte Medien zu ersetzen. Schon 2013 stehen nur noch 165 000 Euro bereit. Setzt sich der Trend fort, sinkt der Bestand um mehrere tausend Medien pro Jahr.
Das ist vor allem deshalb fatal, weil dadurch auch Einnahmen wegfallen. Bei CDs, DVDs und Computerspielen nimmt die Mediothek pro investiertem Euro 2,70 Euro ein. Fehlen dort und in anderen Bereichen, etwa Reiseführer oder Bestseller, aktuelle Angebote, bleiben Kunden weg. Müsste die Mediothek zusätzlich am Personal sparen, würden Öffnungszeiten kürzer — auch das schadet der Kundenbindung.
In der Musikschule gibt es kaum Sachkosten. Wenn man sparen will, müsste man also ans Personal ran. 25 Prozent Kürzung würde fünf Stellen bedeuten, doch auch hier ginge das auf Kosten der Einnahmen. Schließlich erwirtschaftet die Musikschule pro Jahr 750 000 Euro durch Kursgebühren. Weniger Kurse heißt weniger Gebühren.
Die Personalkürzung hätte gravierende Folgen: Statt 2158 Schülern könnte das Institut nur noch 1600 versorgen, die Warteliste von schon jetzt 600 Schülern würde anwachsen. Auch die erfolgreichen Projekte in Schulen und Kindergärten — derzeit etwa 60 Angebote im Stadtgebiet — müssten ebenfalls deutlich ausgedünnt werden.
Die Museen werden seit Jahren an der kurzen Leine gehalten. Vor allem in Linn ist der Ausstellungsetat bereits jetzt grotesk niedrig. Das Museum Burg Linn wird 2013 für insgesamt 13 000 Euro mit Wechselausstellungen bespielt, nebenan im Textilmuseum sieht es ähnlich aus. Beim Personal gab es schon gravierende Einschnitte, Synergien sind fast nur noch auf Leitungsebene möglich. Doch wie sinnvoll ist es, ein archäologisches Museum und eines für Textilien in dieselben Hände zu legen?
Auch die Kunstmuseen haben die Zahl der Ausstellungen bereits vor einiger Zeit von sechs auf vier pro Jahr reduziert. Da die Planung für 2014 längst abgeschlossen ist, wären weitere Kürzungen nur durch Absagen möglich. Die Rufschädigung für die international renommierten Häuser Esters und Lange wäre dramatisch.
Im Kulturbüro, das Reihen wie „Move!“, die Puppentheatertage und die Serenaden auf Burg Linn organisiert, wie auch im Kresch müssten Angebote komplett eingestampft werden. Vielleicht geschieht das ohnehin, denn die Planung für 2014 stockt aufgrund der unsicheren Haushaltslage.
Längst müssten Verträge geschlossen und Förderungen beantragt werden, doch es steht nicht fest, wie viel Geld zur Verfügung steht. Dadurch besteht die Gefahr, dass Krefeld wichtige Fördergelder ganz verliert. Denn stets wird ein Eigenanteil verlangt.
Das Kulturbüro verteilt auch die Zuschüsse an die freie Szene, die wohl ebenfalls von einer Kürzung um 25 Prozent betroffen wäre. Die Freien erhielten dann insgesamt rund 50 000 Euro weniger. Diese geringe Ersparnis — sie macht 0,1 Prozent des Sparziels von 50 Millionen Euro aus — kann bei freien Theatern, Kunstvereinen und Initiativen ebenfalls großen Schaden anrichten.