Olympia Applaus für Aline, auch ohne Gold

Zum Rudelgucken trafen sich am Mittwoch rund 70 Verwandte, Freunde, Vereinskollegen und Fans der Krefelder Ringerin an der Steinstraße.

Freunde, Verwandte und Vereinskollegen versammelt um bei den Kämpfen von Aline live dabeizusein.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Rio de Janeiro/Krefeld. Schwarz-rot-goldene Hüte und -Käppis, Armbänder und Klappern von der noch nicht so lange zurückliegenden Fußball-EM kommen noch einmal groß raus. Verwandte, Vereinskollegen, Freunde und Fans der Krefelder Ringerin Aline Focken treffen sich zum Rudelgucken in der Vereinshalle des KSV Germania an der Steinstraße. Fähnchenwedelnd sitzt auch Alines Oma Elisabeth (75) auf dem extra für sie herangetragenen Stuhl, während der Rest der rund 70 Männer, Frauen und Kinder auf Turnbänken darauf wartet, dass auf der riesigen Leinwand endlich Alines erster Olympia-Kampf zu sehen ist.

Ihr Bruder Tim (27) läuft hin und her. Nicht nur aus Nervosität, sondern auch weil sein Sohn Niklas (1) laufen kann und will. Tim, der sich extra freigenommen hat und mit seiner Frau Janett und dem zweiten Sohn Max (7 Wochen) am Morgen extra aus dem Taunus angereist ist, schwitzt deutlich unter dem geschminkten Deutschlandfähnchen auf seiner Wange. „Nicht nur, weil es warm ist. Ich bin angespannt ohne Ende, kurz vor dem Herzinfarkt.“ Oma Elisabeth ist da im Vergleich zunächst die Ruhe in Person. Sie hat in der Nacht vor dem großen Wettbewerb ihrer Enkelin in Rio gut geschlafen, sagt sie. „Man kennt das ja jetzt schon.“ Aber je näher die Begegnung ihrer Enkelin mit der Chinesin Zhou Feng rückt, umso unruhiger wird sie.

Ringen-Rudelgucken: Krefelder drücken Aline Focken die Daumen
18 Bilder

Ringen-Rudelgucken: Krefelder drücken Aline Focken die Daumen

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Applaus brandet auf, als die 25-Jährige gegen 15.50 Uhr auf der Leinwand zu sehen ist. „Oh, die ist angespannt“, sagt Alines Onkel Willi Rips, der selbst mit zehn Jahren das Ringen im KSV anfing und heute im Vorstand sitzt. Er gehört zu einem guten Dutzend Verwandten der erfolgreichen Sportlerin, die in die Sporthalle gekommen sind. Onkel, Tanten, Cousins und Neffen sind da. Gerne wäre der 56-Jährige, der Aline zum Flughafen nach Düsseldorf gebracht hatte, wie ihre Eltern auch nach Rio de Janeiro gereist. „Aber es gab Terminschwierigkeiten.“

Bei jeder Aktion seiner Nichte geht er mit. „Super, Aline, sehr gut.“ Als Aline nach dem ersten Punkt gleich vier weitere für einen Doppelbeinangriff bekommt, klatschen, pfeifen und strahlen die Livestream-Zuschauer. „Hej, hej, hej, hej“, feuern sie Aline in dem zwei mal Drei-Minuten-Kampf immer wieder an und zählen schließlich die letzten zehn Sekunden runter, bevor sie in Jubel ausbrechen.

Während Onkel Willis Vorhersage, jede Gegnerin sei schwer, aber die Chinesin „eine lösbare Aufgabe“ in Erfüllung geht, kommt dann allerdings ein harter Brocken auf die Krefelderin zu. Drei Kämpfe müsste Aline in der Vorrunde gewinnen, um ins Finale zu kommen. Doch in der zweiten Begegnung trifft sie ausgerechnet auf Ann Jenny Fransson. Der Schwedin war Aline bei einem Turnier 2014 in Spanien unterlegen.

Bevor es losgeht, noch schnell eines von den 400 Würstchen, die der langjährige erste Vorsitzende des KSV, Jochen Haeffner, auf den Grill wirft, und ein Getränk von Alines Tante Ulrike Rips hinter der Theke holen — und weiter geht es mit dem Anfeuern. Doch relativ schnell versteinern die gerade noch so fröhlichen und hoffnungsvollen Mienen. Nach den ersten drei Minuten liegt die Schwedin zwar nur einen Punkt vorne, aber dann geht alles ziemlich schnell, und nach 5 Minuten und 44 Sekunden steht es uneinholbar 9:1 für die Skandinavierin.

Die Daheimgebliebenen klatschen trotzdem zum Abschluss. „Wir sind ein kleiner Verein, dass wir überhaupt jemanden da hinschicken konnten, ist toll“, sagt Willi Rips. „Sie ist so fit. Das war Pech“, sagt Bruder Tim enttäuscht. Aber er geht davon aus, dass die Schwedin ins Finale kommt. Dann hat die Seidenstädterin noch eine Chance auf Bronze. Wer gegen spätere Finalistinnen unterlegen ist, kommt in die Runde um Platz drei. Wegen der Zeitverschiebung wird es für Oma Elisabeth und die anderen noch eine lange Nacht — bei Redaktionsschluss stand noch nicht fest, ob Fransson weiterkommt und Aline ihre Chance erhält.