Auf den Spuren der Adeligen

Mit Götz Waninger im Bismarckviertel.

Foto: Archiv Andreas Bischof

Krefeld. Schwer vorstellbar, dass ungefähr dort, wo sich jetzt der Bismarckplatz erstreckt, vor einigen hundert Jahren Parforce-Jagden von Adeligen und Seiden-Baronen durch den Bockumer Busch gingen. Anschaulich skizziert Götz Waninger beim Stadtspaziergang der Bündnisgrünen die Geschichte des Bismarckviertels und von Cracau. So hieß die um 1400 errichtete und 1677 geschleifte Wasserburg zwischen der heutigen Uerdinger und der Cracauer Straße. Dort entstand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts das Schloss Cracau.

Sumpfiges Gelände, stinkende Färbereien und Bleichereien bestimmten lange Jahre den Stadtteil, der geländemäßig etliche Meter unter dem Niveau der Innenstadt liegt. Die Krefelder Textilbarone hatten ein Problem: Sie mussten ihre Produkte in Düsseldorf oder Köln färben lassen. Deshalb wurden hier im 19. Jahrhundert mehrere Färbereien eröffnet, die letztlich zu 80 Prozent den Bedarf der gesamten Textilindustrie in Krefeld deckten. Die letzte Färberei, so erzählt Waninger, Voß-Biermann, Lawaczeck an der heutigen Fritz-Huhnen-Straße, schloss ihre Tore erst nach einem Gerichtsurteil im vergangenen Jahrhundert.

Ein entscheidendes Datum für das Viertel sieht Waninger, früher Pressesprecher der Stadtwerke, im Jahr 1875, als der erste Abwasserkanal unter der Uerdinger Straße zum Rhein gebaut wurde. Damit wurden die Färberei- und andere Abwässer, die bisher wild und stinkend in Gräben versickerten, geregelt abgeleitet. Damit senkte sich der Grundwasserspiegel, das Viertel bekam keine nassen Füße mehr. „Aus Sumpf wurde in wenigen Jahren feinstes Bauland“, erzählt Waninger. „Die Preise verzehnfachten sich in kurzer Zeit.“

Das Schloss selbst wurde 1943 Opfer der Bomben. Auf seinen Ruinen entstand später das „Hohe Haus“, in dem heute Norbert Pohl „ausgesuchte Weine“ verkauft. In den 20er Jahren bauten die Architekten August Biebricher und Peter Frank dort Am hohen Haus prächtige Wohnblocks für die Offiziere der belgischen Besatzungsarmee.

Zu heftigen Kontroversen im Stadtrat muss es laut Waninger gekommen sein, als Architekt Paul Alfred Kesseler sen. neben dem Jugendstil-Gebäude der 1905 errichteten Samtfabrik Flaskamp 1924 das Haus der Textilindustrie auf der heutigen Von-Beckerath-Straße bauen ließ. Genau vor dem damaligen Schloss, das damit den Blicken aus dem Westen entzogen war.

Insgesamt ein überaus kurzweiliger „Lehrgang“.