Fricke und Heussen talken flott
Neue Moderatoren glänzen bei der 31. Auflage der Talkshow im Nordbahnhof.
Krefeld. Die mittlerweile 31. Krefelder Gesprächsrunde „Zug um Zug“ ist so beliebt wie einst, als Viktor Furth sie bei „Herbst Pitt“ ins Leben rief. In den vergangenen Jahren moderierten Vera Int-Veen und Jochen Butz den Talk im Nordbahnhof. Ihre Nachfolger, der frühere Bundestagsabgeordnete und heute als Kommunikationsberater tätige FDP-Politiker Otto Fricke sowie WDR-TV-Journalist Michael Heussen, lösten ihre Aufgabe am Samstag mit Bravur.
Die Moderatoren hatten zusammen mit Gastgeber Viktor Furth interessante Gäste ausgewählt, die sich im Nordbahnhof als redefreudige Zeitgenossen entpuppten. Fricke und Heussen wechselten sich ab, waren locker und bestens vorbereitet und entlockten ihren Gesprächspartnern auf charmante Art Tiefsinniges wie auch Lustiges. Und das alles für einen guten Zweck, denn der Erlös kommt den Krefelder Bäumen zugute.
Den Auftakt machte Heussen mit Julius Brink, der mit Jonas Reckermann Olympiasieger im Beachvolleyball ist. „Das ist der coolste Sport der Welt“, so der Sportsoldat. Davon leben könne man allerdings nicht. Deshalb setze er sich auch als Botschafter für die geplante Sportlotterie des Krefelder Unternehmers Gerald Wagener ein, die ab Februar zehn Millionen Euro pro Jahr einspielen soll.
„Mein Mann ist Spielerfrau“, bezeichnete SWK-Vorstand Kerstin Abraham in Abwandlung eines Bonmots von Mehmet Scholl die heimische Rollenverteilung. Ihr Mann entlaste sie bei der Kindererziehung und im Haushalt. Sie parlierte mit Fricke über Frauen in Führungspositionen, ihren Karriereweg nach Krefeld und die krassen Folgen der Energiewende.
Zum Thema Frauenquote war die Krefelderin Ulle Schauws die richtige Ansprechpartnerin. Als Mitglied der Grünen im Bundestag gestand sie offen Fehler ihrer Partei ein, keine Wende in der straßenlastigen Verkehrspolitik geschafft zu haben. Ansonsten zeigte sie klare Kante: Maut — nein, Ringlösung für Hüls — ja, AfD — leider keine Eintagsfliege, Monet verkaufen — nein. Man solle nicht immer zuerst an der Kultur sparen. Als Heussen fragte, ob die Krefelder nicht ebenso gut nach Düsseldorf ins Theater fahren könnten, gab das Publikum mit Buhrufen die Antwort.
Zum Nachdenken regte Michael Gilad an. Der 1946 in Lübeck geborene Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Krefeld berichtete über die KZ-Geschichte seiner Eltern und seinen dornenreichen Weg. Er plädiert für Toleranz und lädt alle Krefelder zum Besuch der Synagoge ein.
Offen sprach Generalvikar Manfred von Holtum aus Traar über die Gründe der Austrittswelle und überraschte mit für die katholische Kirche geradezu revolutionären Reformideen. So stellt er das Zölibat in Frage, kann sich Frauen im Priestergewand vorstellen und hofft auf bessere Lösungen im Umgang mit Schwulen, Lesben und wiederverheirateten Kirchenmitgliedern.
Den konträren Schlusspunkt setzte das Gespräch mit Playboy-Textchef Philip Wolff. Der Redakteur berichtete über sein erstes Interview mit einer Pornodarstellerin, dem er „mehr Gewicht verleihen musste“, über einen Exhibitionisten, der bei der Kickbox-Weltmeisterin an die Falsche geriet und den neuen Trend zu mehr Schamhaar.